Formel 1: Kehrt man nach Anthoine Huberts Tod zum Kiesbett zurück?

Mathias Kainz
Mathias Kainz

Belgien,

Der tragische Unfalltod von Anthoine Hubert sorgt für eine erneute Sicherheitsdiskussion in der Formel 1. Die betrifft nicht nur Autos, sondern auch Strecken.

Eau Rouge Formel 1
Formel 1 im Jahr 1997: Die furchtsame Kurve «Raidillon de l'Eau Rouge» ist von einem Kiesbett begrenzt. - Formula 1

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Tod von Anthoine Hubert sorgt in der Formel 1 für eine Sicherheitsdiskussion.
  • Nicht nur über die Autos, auch über die Strecken soll diskutiert werden.
  • Eine Möglichkeit wäre eine Rückkehr zu Kiesbetten statt asphaltierter Auslaufzonen.

«Es ist keine Kurve mehr, es ist eine Gerade», sagte Felipe Massa im Jahr 2013 über die berühmte Eau Rouge. Die Kurve, streng genommen «Raidillon de l'Eau Rouge», zählt zu den berühmtesten im Formel-1-Kalender. Ganz sicher ist sie eine der spektakulärsten Kurven, die die Formel 1 durchfährt.

Am vergangenen Samstag zeigte die Kurve einmal mehr, warum sie den Namen «Eau Rouge», also «rotes Wasser» trägt. Auf der Hügelkuppe verlor Anthoine Hubert sein Leben. Nachdem der Franzose in die Streckenbegrenzung eingeschlagen war, traf ihn der nachfolgende Juan-Manuel Correa mit hoher Geschwindigkeit.

Von der Kurve zur Geraden

Hubert, Correa und das restliche Formel-2-Feld war unmittelbar zuvor mit Vollgas durch Eau Rouge und den Hügel hinaufgerast. Und das, obwohl ein Formel-2-Auto über ungleich viel weniger Abtrieb verfügt als ein Formel-1-Bolide. Aber weil links und rechts von Eau Rouge Asphalt-Auslaufzonen sind, kann man sich leisten, auf dem Gas zu bleiben.

«Man hat Eau Rouge völlig seinen Biss genommen», urteilte Martin Brundle 2005 über die Kurve. Wenige Jahre zuvor hatte man die Kiesbetten links und rechts des Asphaltbandes durch geteerte Auslaufzonen ersetzt. Für die Fahrer zählen diese mehr oder weniger zur Strecke dazu, was mehr Risiko ermöglicht.

Das trug womöglich auch zum Unfall von Anthoine Hubert bei. Mit einem Kiesbett am Kurvenausgang wäre Hubert wohl kaum so zurück auf die Strecke geschleudert worden. Und der nachfolgende Correa hätte ebenfalls schon früher vom Gas gehen müssen, denn auch er war abseits der Strecke unterwegs.

Kehrt die Formel 1 zum Kiesbett zurück?

Das Hauptargument der Formel 1 gegen Kiesbetten ist die Angst vor Überschlägen. Bei Monoposto-Rennwagen mit freistehenden Rädern passieren solche Unfälle häufig. Kommt ein Fahrzeug quer ins Kiesbett, graben sich die Räder ein. Genau das passierte Ricardo Zonta 1999 eben in Eau Rouge.

Vor knapp 20 Jahren, als die Formel 1 vermehrt die Kiesbetten abschaffte, war die Sorge berechtigt. Aber heute sind Formel-Rennwagen erheblich sicherer, auch dank des Kopfschutzes Halo. Einen Überschlag ausgangs Eau Rouge würde ein Pilot in einem modernen Formel-Renner wohl so gut wie unversehrt überstehen.

Sicherheit für Autos, Risiko für Motorräder

In Spa wird wohl zumindest am Kurvenausgang rechts, wo Hubert ums Leben kam, die Asphalt-Auslaufzone durch ein Kiesbett ersetzt. Aber auch auf den anderen Kursen der Formel 1 könnten die «alten» Sicherheitssysteme bald wieder greifen. Denn die asphaltierten Auslaufzonen verleiten zu unnötigen Risiken.

Ob Anthoine Hubert seinen Unfall mit einem Kiesbett überlebt hätte, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen. Die Wahrscheinlichkeit, dass es nicht zu dieser unglücklichen Situation gekommen wäre, ist aber gross. Gut möglich, dass das die Formel 1 zum Umdenken bewegt, was ihre Auslaufzonen betrifft.

Formel 1 Belgien GP
Asphaltierte Auslaufzone in Raidillon de l'Eau Rouge: Hier schlug Max Verstappen im Rennen der Formel 1 in die Mauer ein. - dpa

Einen Nachteil hätte das für Strecken, auf denen auch Motorrad-Serien zu Gast sind. Denn während die Formel 1 von Kiesbetten profitieren würde, sind Asphalt-Auslaufzonen für Motorräder erheblich sicherer. Sie verringern die Gefahr von wilden Abflügen und geben den Piloten mehr Raum zum Bremsen.

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