Formel 1: Was «Crashgate» von Abu Dhabi 2021 unterscheidet
Seit klar ist, dass Felipe Massa die WM-Entscheidung 2008 anfechten könnte, werden Vergleiche mit dem Finale der Formel 1 2021 laut. Doch es gibt Unterschiede.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Formel-1-Skandale von Singapur 2008 und Abu Dhabi 2021 unterscheiden sich stark.
- «Crashgate» ist ein Einzelfall, kein Präzedenzfall für andere Entscheidungen.
- Felipe Massas geplantes Vorgehen sollte sich nicht auf andere Fälle auswirken.
Es ist ein naheliegender Rückschluss: Wenn Felipe Massa mit seinem geplanten Vorgehen im «Crashgate»-Skandal Erfolg hat, was folgt danach? Wird potenziell jede strittige WM-Entscheidung in der Geschichte der Formel 1 zum Gerichtsfall?
Seit der Brasilianer seine Absicht öffentlich machte, die WM-Entscheidung 2008 neu aufzurollen, fällt wiederholt ein Gegenargument: Geht dann auch Lewis Hamilton gegen das WM-Finale 2021 in Abu Dhabi vor Gericht?
Was Abu Dhabi von Singapur unterscheidet
Aber die beiden Fälle unterscheiden sich in einigen entscheidenden Punkten. Zuallererst geht es um die Frage, was überhaupt angefochten würde. Bei Massa ist der Fall klar: Beim Singapur-GP 2008 lag ein Betrug durch das Renault-Team vor.
Der absichtliche Unfall von Nelson Piquet junior manipulierte das Rennergebnis, zu Ungunsten von Massa. Die fehlenden Punkte kosteten den Brasilianer am Saisonende den Titel. Davon hatte die FIA – so die neue Beweislage – schon 2008 Kenntnis, handelte aber erst im folgenden Jahr.
Im Fall von Abu Dhabi liegt hingegen kein offensichtlicher Betrugsfall vor. Das Vorgehen von Rennleiter Michael Masi war in jeder Hinsicht falsch – aber ein menschlicher Fehler. Zudem war die Sachlage unmittelbar beim Rennen bekannt. Nachträglich einen Prozess einzuleiten, wird ohne das Auftreten neuer Fakten also schwierig.
Der zweite Punkt ist die Frage nach dem Ziel eines erneuten Prozesses. Für Massa ist der Wunsch-Ausgang klar: Das manipulierte Singapur-Rennen wird nachträglich aus der WM-Wertung genommen. Lewis Hamilton verliert sechs Punkte für den dritten Platz, und Massa ist nachträglich Weltmeister.
Ein Sonderfall in der Geschichte der Formel 1
Hamilton hingegen hätte nichts zu gewinnen, wenn der Abu-Dhabi-GP nachträglich annulliert wird. Der Brite und der spätere Weltmeister Max Verstappen kamen punktgleich zum Saisonfinale. Ohne das letzte Rennen wäre Verstappen mit mehr Saisonsiegen als Tiebreaker immer noch Weltmeister.
Die «Crashgate»-Affäre ist ein Einzelfall in der Geschichte der Formel 1. Das Auftreten neuer Informationen ist ebenso entscheidend wie ein klar definiertes Prozessziel, die Renn-Annullierung. Dass damit ein Präzedenzfall für andere strittige Titel-Entscheidungen gesetzt wird, ist entsprechend unwahrscheinlich.