Welche Lehren die Formel 1 aus dem GP von Monaco ziehen kann
Dass die Mercedes-Doppelsiegserie gerissen ist, war ein Zufallsprodukt. Der zweite Platz von Sebastian Vettel ebenso. Die Formel 1 und ihre Lehren aus Monaco.
Das Wichtigste in Kürze
- Lewis Hamilton baut mit einem meisterhaften Auftritt in Monaco die WM-Führung aus.
- Dem Briten wird der sechste WM-Titel seiner Karriere wohl nicht mehr zu nehmen sein.
Dass nach sechs Rennen schon so absehbar ist, wer Weltmeister wird, gab es zuletzt in der Ära Michael Schumacher. Aber Lewis Hamilton ist auf dem besten Wege, in der Formel 1 neue Massstäbe für Dominanz zu setzen. In Monaco feiert der Brite seinen Grand-Prix-Sieg Nummer 77.
Valtteri Bottas zeigt zum zweiten Mal en suite Schwäche, kommt in Monaco nicht über Platz drei hinaus. Dabei profitiert der Finne noch von einer Strafe gegen Max Verstappen. Hier sind die fünf Lehren aus dem Monaco-GP.
Lehre #1: Mercedes-Serie reisst mit Pech
Eigentlich hätte Mercedes in Monaco den sechsten Doppelsieg in Serie holen müssen. Und nach dem nächsten Front-Row-Lockout durch Hamilton und Bottas deutete alles darauf hin. Auch, weil es die beiden Silbernen problemlos durch Kurve eins schafften.
Dass Max Verstappen unter Safety-Car-Regeln in der Box zum Rammstoss gegen Bottas ausholt, war nicht zu erwarten. Der danach notwendige zweite Reifenwechsel beim Finnen kostete in der Endabrechnung Platz zwei. Und in Monaco kam selbst der überlegene Mercedes nicht an Sebastian Vettels Ferrari vorbei.
Ohne diesen Zwischenfall wäre Mercedes auch in Monaco makellos geblieben. Und Sorgenfalten wird das Ende der Serie bei den Silbernen nicht hervorrufen. Auf jedem anderen Kurs hätte Bottas seinen Weg an Vettel vorbeigefunden.
Lehre #2: Max Verstappen ist erheblich gereift
Der Rammstoss gegen Bottas in der Boxengasse war zwar unnötig, aber nur zur Hälfte sein Fehler. Denn der Niederländer wurde von seiner Boxencrew «unsafe» losgeschickt. Plötzlich befanden sich in der schmalsten Boxengasse des Formel 1 Kalenders zwei Autos nebeneinander. Das konnte nur schiefgehen.
Die nachfolgende Fünf-Sekunden-Strafe hätte den Max Verstappen von vor einem Jahr zur Verzweiflung gebracht. Er hätte sein Auto wohl nur wenige Runden später beim Versuch, Hamilton zu knacken, in die Wand gesetzt. Aber das ist nicht mehr der Verstappen von heute.
Stattdessen wartete der Niederländer ab, ob sich eine Chance auftun würde. Er wusste, dass Hamilton auf den falschen Reifen fährt. Als die Chance nicht kam, packte er einmal kurz die Brechstange aus. Das hätte schiefgehen können, ging aber gut, und Verstappen musste es zumindest versuchen.
Lehre #3: Charles Leclerc wird seinen Ferrari-Wechsel bereuen
Was Ferrari in der Formel 1 2019 bisher zeigt, lässt selbst die grössten Peinlichkeiten der Vergangenheit vergessen. Lokalmatador Charles Leclerc im Qualifying ausgerechnet in Monaco im Q1 versanden lassen – das ist zu viel. Das ruinierte dem vielversprechenden Youngster das gesamte Wochenende.
Bei Ferrari wird man sich fragen, ob Leclerc bei solchen Fehlern langfristig zu halten ist. Denn um seine Dienste wird man sich reissen, das steht fest. Und wenn Red Bull am Saisonende einen Ersatz für Pierre Gasly sucht, dann könnte Leclerc ein Thema werden.
Davon will in Maranello natürlich noch niemand etwas wissen. Fakt ist aber: Ferrari hat den Monegassen bisher nur enttäuscht. Stallorder in Australien, Motorschaden statt Sieg in Bahrain, Stallorder in China, falsche Reifen im Baku-Quali. Die Liste der Scuderia-Fehler wird immer länger.
Lehre #4: Bei Alfa-Romeo Sauber ist Feuer am Dach
Eigentlich wollte man in Monaco ja den 300. Grand Prix von Kimi Räikkönen feiern. Nur dass der Iceman keine Lust auf grosse Feierlichkeiten hatte. Und nach dem Rennen dürfte sonst auch niemandem nach Feiern zumute sein.
Am Saisonbeginn war Alfa-Romeo Sauber noch regelmässig in den Top Ten, mittlerweile kämpft man um den Anschluss ans Mittelfeld. Natürlich mag das auch an der Streckencharakteristik in Monaco gelegen haben, aber die Formkurve zeigt nach unten.
In der Konstrukteurswertung der Formel 1 ist man nur noch Vorletzter vor Williams. Räikkönen und Antonio Giovinazzi belegten im Fürstentum die Plätze 17 und 19. Da muss rasch eine Trendwende her, am besten schon in Kanada in zwei Wochen.
Lehre #5: Die Formel 1 kann von der Formel 2 lernen
Die beiden Rennen der Formel 2 in Monaco waren chaotisch, aber sie boten Spannung. Ja, auch das Rennen der Formel 1 war spannend – aber nur, weil sich Mercedes bei den Reifen verzockte. Ohne die falschen Gummis an Hamiltons Auto wäre der Brite seelenruhig davongefahren.
In der Formel 2 dagegen gab es Überholmanöver, Kollisionen und ein Herzschlagfinale im Sprintrennen am Samstag. Die einfachere Aerodynamik macht das möglich, die Motoren-Parität tut das Übrige dazu. Hier gibt es für die Königsklasse im Hinblick auf 2021 viel zu lernen.
Und lernt man schon nicht vom eigenen Nachwuchs, dann doch vielleicht vom grössten Rennen der Welt. Das Indy 500 mit seinen 400'000 Zusehern war am Sonntag ein Thriller vom Start bis zur Ziellinie. Auch hier gilt: Einfache Aerodynamik, fast identische Leistung bei den Motoren.