Rafael Nadal: «Kämpfe, auch wenn es unmöglich scheint»
Sandplatzkönig Rafael Nadal schlägt sehr wahrscheinlich ein letztes Mal bei seinem Lieblingsturnier in Paris auf. Wie fit ist der Rekordsieger noch?
Das Wichtigste in Kürze
- Die French Open stehen vor der Tür – wohl zum letzten Mal mit Rafael Nadal.
- Der von Verletzungen geplagte Spanier will nicht einfach zum Adios-Sagen anreisen.
- «Ich werde weiter für die Dinge kämpfen, für die ich die letzten 15 Jahre gekämpft habe.»
Es war kein einfacher Ausflug in die Dolomiten mit Kumpel Roger Federer: Die klirrende Kälte und das dichte Schneetreiben machten Rafael Nadal mächtig zu schaffen.
«Ich bin Schnee nicht so gewohnt wie Roger», sagte Nadal mit einem gequälten Lächeln: «Ich fühle meine Ohren nicht mehr.» Dennoch lauschte er beim Videointerview für eine Luxusmarke andächtig den Worten seines einstigen Tennisrivalen.
Federer hatte für Nadal vor dessen letztem Karrierestopp bei den French Open eine wichtige Botschaft parat: «Ich sitze hier als ein glücklicher Mann», sagte der vor anderthalb Jahren zurückgetretene Schweizer.
Er blicke mit Stolz auf seine Karriere, «aber ich bin auch froh, dass es vorbei ist». Beim Abschied des Schweizers hatten die beiden Tennisikonen händchenhaltend und schluchzend auf einer Spielerbank gesessen.
Nun nahmen sie für den Werbedreh auf einer edlen Kiste in den Bergen nebeneinander Platz. Und schwelgten vor Nadals grossem «Au revoir» bei den French Open in Erinnerungen.
Nadal wird beim am Sonntag beginnenden zweiten Grand-Slam-Turnier des Jahres sehr wahrscheinlich ein allerletztes Mal aufschlagen. Dort, wo er seine grössten Erfolge feierte und Rekorde aufstellte. Von diesen Bestmarken werden manche womöglich die Zeit überdauern.
Eine Matchbilanz von 112:3-Siegen, keine einzige Niederlage in 14 Finals, in denen er nicht einmal über fünf Sätze gehen musste. Kein anderer Spieler hat Roland Garros so geprägt wie der spanische Sandplatzkönig.
Auf der Anlage steht ihm zu Ehren längst eine Statue aus Stahl. «Er ist das ultimative Vorbild», schwärmte Deutschlands Tennisikone Boris Becker: «Er hat das Herz eines Löwen.»
Rafael Nadal will nicht nur Applaus, sondern Siege
Doch die Erfolge der Vergangenheit helfen Nadal aktuell nur wenig. Der verletzungsgeplagte Spanier überlegte lange, ob er bei seinem Lieblingsturnier vor dem Karriereende überhaupt starten soll.
Umso glücklicher reagierten Veranstalter und Fans auf Nadals Ankunft in Paris am vergangenen Montag. Jeder Schritt des Publikumslieblings wird verfolgt und via Social Media öffentlichkeitswirksam aufbereitet.
Nadal begegnet der Aufmerksamkeit mit einem Lächeln, fast jeden Autogrammwunsch erfüllt er seinen Fans. Doch nur um sich den wohlverdienten Abschiedsapplaus abzuholen, ist er nicht angereist. Er werde weiter «für die Dinge kämpfen, für die ich die letzten 15 Jahre gekämpft habe. Auch wenn es jetzt unmöglich erscheint.»
Ein 15. Triumph in Paris ist unwahrscheinlich
2022 hatte er zuletzt in seinem Wohnzimmer Court Philippe-Chatrier triumphiert. Und auch da schon von Alexander Zverevs schwerer Fussverletzung im Halbfinal-Duell profitiert.
Im Vorjahr fehlte Nadal verletzungsbedingt. In dieser Saison kam er nach einer Oberschenkelverletzung bei den Australian Open erst im April wieder zurück. Seine ernüchternde Bilanz auf Sand seitdem: drei Niederlagen in acht Matches.
Ein 15. Triumph bei den French Open wäre eine grosse Überraschung. Auch wenn der Respekt der Kontrahenten nach wie vor riesig ist. «Wenn Rafa einen Sandplatz betritt», sagte Daniil Medwedew, «haben alle seine Rivalen Angst.»
Und der Serbe Novak Djokovic, der Nadal (22) mit 24 Titeln als Grand-Slam-Rekordsieger längst abgelöst hat, betont: «Er ist mein grösster Konkurrent überhaupt.»
Tränenreicher Abschied steht bevor
Doch Rafael Nadal hat vor allem mit seinem Körper zu kämpfen: Die vielen Verletzungen und intensiven Comebacks gefährden seine Gesundheit. 2024 soll deshalb Schluss sein.
«Mein Leben und Körper senden mir schon eine lange Zeit Signale.» Nadal quält sich zurück auf den Court, weil er das Spiel, das er so liebt, ein letztes Mal geniessen möchte. Und um Adios zu sagen.
Einen Vorgeschmack auf die emotionale Verabschiedung in Roland Garros gab es beim letzten Heimauftritt in Madrid vor drei Wochen. Da vergossen seine Frau, Mutter und Schwester auf der Tribüne viele Tränen.
«Rafa» selbst will die Abschiedsgefühle noch nicht so sehr an sich heranlassen. Es sei «noch nicht an der Zeit, all die Emotionen, die ich in mir habe, herauszulassen». Ausserdem will der Spanier im Spätsommer für Olympia noch mal nach Paris zurückkommen.