Super Bowl in der NFL: Warum Sie am Montag blaumachen sollten
Sonntagnacht treffen die Kansas City Chiefs im Super Bowl der NFL auf die San Francisco 49ers. Das Megaduell liefert gute Gründe, die Nacht durchzumachen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der 58. Super Bowl findet in der Nacht auf Montag in Las Vegas statt.
- Es ist die Neuauflage des 54. Super Bowls.
- Mit den Chiefs und den 49ers stehen sich zwei Topteams mit reichlich Starpower gegenüber.
Wenn Sie sich nächsten Montag bei der Arbeit wundern, wieso so wenige Leute auftauchen, liefert ein Blick ins TV-Programm vom Vorabend womöglich die Antwort: Es war mal wieder Super Bowl.
In der Nacht auf Montag (00.30 Uhr Schweizer Zeit) treffen die zwei besten Mannschaften der amerikanischen Profifootballliga NFL aufeinander. Heuer sind das die San Francisco 49ers (NFC) und die titelverteidigenden Kansas City Chiefs (AFC) – es ist das Rematch des Super Bowls 54.
Bis in die frühen Morgenstunden werden sie sich um die Lombardi-Trophäe duellieren und damit so manchem Schweizer Footballfan den Schlaf rauben.
Das 58. Endspiel der NFL findet in diesem Jahr zum ersten Mal in Las Vegas statt. Der Super Bowl in der Casinostadt ist das Megaevent des Jahres: Die Behörden erwarten in der Super-Bowl-Woche bis zu 330'000 Besucher und einen zusätzlichen Umsatz von 600 Millionen US-Dollar. Die Durchschnittspreise für ein Ticket im Allegiant Stadium belaufen sich derweil auf knapp 10'000 US-Dollar.
Neben der Show von R&B-Sänger Usher und den Wucher-Werbespots (sieben Millionen für 30 Sekunden Sendezeit) in der Halbzeit des Spiels wird auch der Auftritt von Popikone Taylor Swift mit Spannung erwartet.
Anders als Usher wird sie jedoch für einmal nicht als Performerin auf der Bühne, sondern als Spielerfreundin – von Chiefs Tight End Travis Kelce – auf den Rängen im Rampenlicht stehen.
Show und Prominenz hin oder her, wir wollen uns dem Wesentlichen widmen: dem Football. Mit den 49ers und den Chiefs stehen sich am Sonntag zwei Mannschaften gegenüber, die sich darin in der abgelaufenen Spielzeit als ziemlich gut erwiesen haben.
In der Neuauflage des 54. Super Bowls treffen jeweils zwei Top-5-Defensiven auf Offensiven mit reichlich Feuerpower. Eine Einstimmung auf den grössten Super Bowl aller Zeiten.
Der ewige Finalist
Man könnte meinen, es ist unvermeidbar geworden – die Chiefs im Super Bowl. In diesem Jahr stehen sie bereits zum vierten Mal innert fünf Jahren im grössten Spiel der NFL. Doch Kansas Citys Einzug ins Final geht eine zähe Saison voraus, in der immer wieder Zweifel an der Mannschaft von Cheftrainer Andy Reid aufkamen.
Der sonst so überragende Patrick Mahomes, der die Chiefs als Quarterback zum dritten Mal zum Super-Bowl-Triumph führen könnte, wirkt in dieser Saison für einmal sterblich. Sein 92,6-Passer-Rating und seine 14 Interceptions sind die schlechtesten Werte seiner Karriere als Starter in der NFL.
Mindestens eine Teilschuld an diesen für seine Verhältnisse durchwachsenen Zahlen haben sich seine Passempfänger auf die Kappe zu nehmen. Insgesamt lassen sie in diesem Jahr die meisten Pässe aller Receiver fallen (44). Ausserdem wirft Mahomes 2023 für jeden 10-oder-mehr-Yard-Touchdown auf einen Receiver deren sechs Interceptions – das ist Ligatiefstwert.
Die Kurve gekriegt
Dass die Chiefs nun doch im Super Bowl stehen, hat vielerlei Gründe. Einerseits scheinen sich Mahomes’ Receiver gefangen zu haben – und fangen mittlerweile seine Pässe: Rashee Rice und Marquez Valdez-Scantling waren mit explosiven Plays massgeblich an den Play-off-Siegen gegen Miami, Buffalo und Baltimore beteiligt.
Andererseits war da stets Travis Kelce, auf den Mahomes sich verlassen konnte: Gegen die Ravens fing der 34-jährige Tight End seinen 156. Pass im 21. Play-off-Spiel und brach damit den langjährigen Rekord von 49ers-Legende Jerry Rice für die meisten Catches in der Postseason. Kelce und Play-offs: Das passt.
— Kansas City Chiefs (@Chiefs) February 7, 2024
Der grösste Anteil am Play-off-Erfolg geht allerdings auf das Konto der Chiefs-Defensive. Während der Regular-Season lässt sie im Schnitt die zweitwenigsten Punkte (17,3) und Yards (289,8) pro Spiel zu. In den Play-offs hält sie mit den Dolphins und den Ravens zwei Top-5-Offensiven bei zehn Punkten oder weniger.
Im vergangenen Jahr noch als schwächstes Glied im Chiefs-Ensemble angesehen, hat Defensiv-Koordinator Steve Spagnuolo die Chiefs-Verteidigung in diesem Jahr zu einer der besten der Liga verwandelt. Als letzte Hürde trifft sie in der Nacht auf Montag auf die effizienteste Offensive der NFL.
Talent ohne Ende in der Niners-Offensive
Die Offensive der San Francisco 49ers ist bespickt mit Hochkarätern: George Kittle, Brandon Aiyuk, Trent Williams, Christian McCaffrey. Sie alle wurden in diesem Jahr ins All-Pro-Team der NFL gewählt – eine der höchsten individuellen Auszeichnungen der Liga. Letzterer wurde in der Nacht auf Freitag gar zum besten Offensiv-Spieler 2023 gekürt.
An Starpower fehlt es den 49ers also nicht. Obendrauf steht mit Kyle Shanahan ein gewiefter Offensiv-Stratege mit reichlich Erfahrung an der Seitenlinie. Doch am Ende ist es der Quarterback, der in dieser Offensive den Unterschied macht: Brock Purdy.
Nachdem der allerletzte Pick des NFL Drafts 2022 seine Mannschaft als Rookie ins NFC-Championship-Spiel geführt hat, legt «Mr. Irrelevant» 2023 noch eine Schippe drauf und steht nun mit seinen Niners im Super Bowl.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass Purdys Zukunft als Niners-QB1 Anfang letzten Jahres aufgrund einer komplizierten Ellenbogenverletzung am Wurfarm alles andere als gesichert war.
Vom «Mr. Irrelevant» über «Game-Manager» zum Super-Bowl-MVP?
Purdys Märchengeschichte sorgt nicht überall für Beifall. Angesichts des All-Star-Kaders der Niners degradieren böse Zungen Purdy zum einfachen «Game-Manager» – jemand also, der vom Talent der anderen getragen wird, selbst aber kaum das Zeug zum Topspieler hat.
Doch er ist längst viel mehr als das. Seine Statistiken sprechen für sich: Nummer 1 in Passer-Rating (113,0), Yards pro Passversuch (9,6) und Touchdown-Percentage (7,0).
Ausserdem zeigte er wie schon im vergangenen Jahr, dass er dem Play-off-Druck standhalten kann. So brachte er seine Niners gegen die Lions nach einem 17-Punkte-Rückstand mit 27 unbeantworteten Punkten zum Sieg. Wie in jeder Teamsportart schafft ein Spieler dies nicht im Alleingang. Purdy profitierte zweifellos von der Weltklasse seiner Mitspieler – und hatte das Glück des Tüchtigen auf seiner Seite.
AIYUK UNBELIEVABLE!
— NFL (@NFL) January 29, 2024
📺: #DETvsSF on FOX
📱: Stream on #NFLPlus pic.twitter.com/gm8L5xwa9D
Gleichwohl ist eines klar: Ohne Purdy stünden die Niners nicht im Super Bowl. Nun müssen alle Zahnräder im fein geölten Offensiv-Bollwerk der Niners ineinander fahren, wenn man gegen diese Chiefs-Defensive bestehen will.
Niners-Kryptonit Travis Kelce
Die Defensive der Niners steht jener der Chiefs in nichts nach. Auch sie gehört zu den fünf besten der abgelaufenen NFL-Saison. Fred Warner, als Middle Linebacker gewissermassen der Quarterback der Defensive, ist auf seiner Position das Nonplusultra in der NFL und wurde heuer zum dritten Mal ins All-Pro-Team der NFL gewählt.
Dennoch müssen er und seine Kameraden sich für den Super Bowl am Riemen reissen: Zum einen liessen sie gegen die Detroit Lions mit 182 eindeutig zu viele Rushing Yards zu. Zum anderen steht mit Travis Kelce ein Tight End in Topform auf der anderen Seite des Balles, der sich in der Vergangenheit als Kryptonit dieser sonst überragenden Defensive erwiesen hat.
In drei Spielen gegen die Niners brachte Mahomes 20 von 24 Pässen für 255 Yards und einen Touchdown auf Lieblingsanspielstation Kelce an. Wenn sich die Niners für die Super-Bowl-Niederlage von vor vier Jahren rächen wollen, müssen Warner und Co. Kelce endlich in den Griff kriegen.
Im Super Bowl bahnt sich ein Duell zweier Topmannschaften auf Augenhöhe an. Geballte Offensiv-Power gegen felsenfeste Defensiven – mal zwei. Beste Voraussetzungen für ein spannendes Spiel. Und beste Voraussetzungen, um in der Nacht auf Montag etwas länger wach zu bleiben.