Trump setzt Angriffe auf US-Wahlergebnis fort
Erstmals seit seiner Wahlniederlage tritt US-Präsident Trump wieder bei einer Kundgebung auf. In Georgia wirbt er für die Wiederwahl von zwei Senatoren bei einer zentralen Stichwahl - und behauptet weiter, dass er die Präsidentenwahl eigentlich gewonnen habe.
Das Wichtigste in Kürze
- US-Präsident Donald Trump hat seine Angriffe auf das Wahlergebnis fortgesetzt und sich rund einen Monat nach seiner Niederlage gegen den Demokraten Joe Biden siegesgewiss gezeigt.
«Sie (die Demokraten) haben betrogen und unsere Präsidentenwahl manipuliert, aber wir werden trotzdem gewinnen», sagte der Republikaner am Samstagabend (Ortszeit) bei seiner ersten Kundgebung seit der Wahl in Valdosta im Bundesstaat Georgia. Zuvor hatte Trump den Druck auf Gouverneur Brian Kemp erhöht, ihn bei seinen Versuchen, das Wahlergebnis zu kippen, zu unterstützen.
Biden war am 7. November von US-Medien zum Sieger der Präsidentenwahl ausgerufen worden. Trump und seine republikanischen Verbündeten haben Dutzende Klagen angestrengt, bisher aber ohne den gewünschten Erfolg. Einige Klagen des Trump-Lagers sind noch offen. Experten rechnen Trump aber keine reellen Chancen mehr aus, seine Niederlage gegen Biden juristisch noch abwenden zu können. Mittlerweile haben fast alle Bundesstaaten ihre Ergebnisse zertifiziert, womit Biden auch offiziell die für den Sieg nötige Mehrheit der 270 Wahlleute hat. Das Wahlkollegium wählt am 14. Dezember stellvertretend für das Volk den künftigen Präsidenten.
Vor mehreren Tausend Anhängern brachte Trump indirekt seine mögliche Kandidatur in vier Jahren ins Spiel, sollte er seine Niederlage gegen Biden juristisch nicht verhindern können. Er werde das Weisse Haus jetzt «zurückgewinnen», sagte er. «Und dann im Jahr 2024 - und hoffentlich muss ich dann nicht kandidieren - werden wir das Weisse Haus wieder zurückgewinnen.» Trump kann in vier Jahren nur für eine zweite Amtszeit kandidieren, wenn er die diesjährige Wahl verloren hat. Die Amtszeit des US-Präsidenten ist auf zwei Perioden mit je vier Jahren begrenzt, die nicht aufeinanderfolgen müssen.
Trump kündigte in seiner mehr als eineinhalbstündigen Ansprache an, weiter juristisch gegen die Ergebnisse der Wahl in umkämpften Bundesstaaten vorzugehen - bis zum Obersten Gericht der USA. Selbst US-Justizminister William Barr - ein Verbündeter Trumps - sagte jedoch kürzlich, es gebe keine Belege für massiven Wahlbetrug, der zu einem anderen Ergebnis führen würde. Die zuständigen Behörden stuften die Wahl am 3. November als die sicherste der US-Geschichte ein.
Unmittelbar vor seinem Auftritt hatte Trump den Druck auf den republikanischen Gouverneur Georgias, Brian Kemp, erhöht. US-Medien berichteten übereinstimmend, dass Trump seinen Parteikollegen am Samstag in einem Telefonat aufgefordert habe, eine Sondersitzung des Parlaments einzuberufen und die Abgeordneten dazu zu bewegen, das Wahlergebnis zu seinen Gunsten zu kippen.
Trump war nach Georgia gereist, um sich dort für den Erhalt der Mehrheit seiner Republikaner im Senat einzusetzen. Begleitet wurde er von First Lady Melania. Die dicht gedrängten Anhänger trugen trotz der eskalierenden Corona-Pandemie in den USA grösstenteils keine Masken. Trump rief zur die Wiederwahl der republikanischen Senatoren David Perdue und Kelly Loeffler auf. Sie müssen sich am 5. Januar den Demokraten Jon Ossoff und Raphael Warnock stellen. Die Stichwahlen entscheiden, welche Partei künftig den US-Senat kontrolliert.
Bei den Wahlen am 3. November konnten sich die Republikaner bislang 50 der 100 Sitze in der Parlamentskammer sichern. Gewinnen die Demokraten beide Sitze in Georgia, gäbe es im Senat ein Patt. Dann hätte die gewählte Vizepräsidentin Kamala Harris, die zugleich Präsidentin des Senats ist, bei Stimmengleichheit das letzte Wort - und die Demokraten faktisch die Mehrheit. Umfragen sahen zuletzt die beiden demokratischen Herausforderer knapp vorne.
Der frühere US-Präsident Barack Obama schaltete sich in den Wahlkampf ein. «Sie müssen verstehen, dass es hier nicht nur um Georgia geht», sagte Obama am Freitag in einer Online-Wahlkampfveranstaltung der Demokraten. «Hier geht es um Amerika, und hier geht es um die Welt.»
Die Republikaner in Georgia sehen sich vor der Stichwahl vor einem Dilemma: Trumps Anzweiflung des Wahlsystems könnte Wahlberechtigte von der Stimmabgabe abhalten. Trump versuchte am Samstagabend, seine Anhänger trotzdem zur Wahl zu mobilisieren. «Die Antwort auf den Betrug der Demokraten ist, nicht zu Hause zu bleiben», sagte er.
Der US-Präsident wird nicht direkt gewählt. In der Regel bekommt der Wahlsieger in einem Bundesstaat die dortigen Wahlleute zugesprochen. Nach bisherigem Stand kommt Biden auf 306 Wahlleute, Trump auf 232. Wahlgewinner ist, wer mindestens 270 Wahlleute gewinnt. Biden soll am 20. Januar vereidigt werden.