Ex-Bundestagsabgeordnete sagt im «Reichsbürger»-Prozess aus

Nach mehreren Wochen Pause wird der Prozess um die mutmassliche «Reichsbürger»-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuss wieder aufgenommen.

Der Prozess gegen die mutmaßliche „Reichsbürger“-Gruppe um Heinrich XIII. Prinz Reuss wird nach mehreren Wochen Pause wieder aufgenommen. (Archivbild) - Boris Roessler/dpa Pool/dpa

Nach rund vier Wochen Pause ist der Frankfurter Terrorprozess um Heinrich XIII. Prinz Reuss fortgesetzt worden. Die ehemalige Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann äusserte sich als erste der Angeklagten ausführlich zu den Anklagepunkten des Generalbundesanwalts (GBA). Die gebürtige Darmstädterin sass von 2017 bis 2021 für die AfD im Bundestag und war jahrelang als Richterin in Berlin tätig.

Bevor die 60-Jährige mit ihren Ausführungen zu den Angeklagten in den drei Prozessen in Frankfurt, München und Stuttgart begann, erklärte sie ihren Unmut über das Verfahren gegen die Gruppe. Den Prozess bezeichnete sie als eine vom GBA aufgeblähte Geschichte, in der überwiegend ältere Menschen unbegründet in Haft gehalten würden. «Das ist ein Skandal ohne gleichen», sagte sie am 17. Prozesstag.

Die Anklage könne nur der Fantasie des GBA entsprungen sein, anders könne sie sich das nicht erklären. Einige der Angeklagten seien zudem gesundheitlich stark beeinträchtigt oder krank. «Ich weiss nicht, wie viele Tote sie in diesem Prozess noch verantworten wollen», sagte sie zum Vorsitzenden Richter Jürgen Bonk in Hinblick auf den bereits verstorbenen Angeklagten Norbert G.

Führung durch Bundestag

Der Generalbundesanwalt wirft ihr vor, andere Angeklagte in den Bundestag eingeschleust und mit diesen die Gebäude ausgekundschaftet zu haben. Sie soll dem sogenannten Rat der Vereinigung angehört haben und für das Ressort Justiz zuständig gewesen sein. Zudem soll sie sich aktiv bemüht haben, weitere Menschen für die Vereinigung um Reuss zu gewinnen.

«Die Bundestagsführungen haben mit allem was folgte überhaupt gar nichts zu tun», betonte sie. Das sei eine normale «touristische Aktion» gewesen. Malsack-Winkemann habe in ihrer Laufbahn Hunderte Menschen durch den Bundestag geführt, könne nicht einmal sagen, ob bestimmte Mitglieder der Gruppierung bei einer Führung dabei gewesen seien. Diese Führungen sehe sie als Dienst eines Bundestagsabgeordneten am Volk.

Drei Prozesse parallel

Die Gruppe plante laut GBA eine bewaffnete Stürmung des Bundestags, um dort Abgeordnete festzunehmen und so den Systemsturz herbeizuführen. Malsack-Winkemann betonte: «Es gab nicht die Absicht, jemals den Bundestag zu stürmen. Das ist ein Ammenmärchen.»

Dieser Umsturz sollte auf das Zeichen der sogenannten Allianz folgen, von der mehrere Angeklagte in den Treffen der Gruppierung berichteten und angeblich Kontakte zu ihr gehabt hätten. Malsack-Winkemann bezeichnete die Allianz als «Hoax» und «Chimäre». In Frankfurt wird neun Beschuldigten vorgeworfen, Mitglieder einer terroristischen Vereinigung gewesen zu sein beziehungsweise diese unterstützt zu haben.

Bei dem geplanten Umsturz hätten die Angeklagten bewusst Tote in Kauf genommen, heisst es in der Anklage. Bis zum Urteil gilt für die Beschuldigten die Unschuldsvermutung. Mit zwei parallel laufenden Verfahren in München und Stuttgart müssen sich insgesamt 26 mutmassliche Verschwörer in dem Komplex verantworten. Der Prozess wird am Donnerstag (15. August, 9.30 Uhr) fortgesetzt.