SRF erntet Kritik für Nachruf zu Hisbollah-Chef

Das Schweizer Radio und Fernsehen liess nach dem Tod von Hassan Nasrallah dessen Leben Revue passieren. Dafür gibt es Kritik – ein Experte nimmt SRF in Schutz.

In der arabischen Welt gab es nach dem Tod von Hassan Nasrallah Proteste und Gedenken. Nun wird das Schweizer Radio und Fernsehen für einen Bericht über das Leben des Hisbollah-Chefs kritisiert. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Wie viele Medien berichtete auch SRF über den Tod von Hassan Nasrallah.
  • Nun gibt es aber Kritik: Der Hisbollah-Chef werde behandelt wie ein «Nobelpreisträger».
  • Am Leutschenbach weist man die Vorwürfe zurück.

Der Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah ist vor knapp zwei Wochen bei einem israelischen Angriff getötet worden. Der Anführer der Terrororganisation wurde im Hisbollah-Hauptquartier in der libanesischen Hauptstadt Beirut neutralisiert.

Klar ist: Nasrallahs Tod hat Folgen für die weitere Entwicklung des Nahostkonflikts. Viele befürchten eine erneute Eskalation. Unter anderem, weil die Hisbollah vom Iran unterstützt wird.

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Auch das Schweizer Radio und Fernsehen berichtete über den Tod von Hassan Nasrallah. Und genau diese Berichterstattung löste in den sozialen Medien eine Debatte aus.

Denn SRF veröffentlichte einen Artikel, der das Leben von Nasrallah zusammenfasst. Im Titel hiess es: «Sein Leben, sein Wirken, sein Vermächtnis».

Mitte-Pfister: «Arabische Welt ist kritischer als SRF»

Verschiedene User stören sich an der Art und Weise, wie der Artikel daher kommt. Historikerin Regula Stämpfli schreibt beispielsweise auf dem Twitter-Nachfolger X: «Nasrallah wird von SRF wie ein Nobelpreisträger gewürdigt.»

Mitte-Präsident Gerhard Pfister schreibt in einem Kommentar unter dem Post: «Die ganze arabische Welt ist kritischer als SRF, was diese Person angeht.»

Ähnlich wie Pfister äussert sich seine Parteikollegin Marianne Binder-Keller. Die Aargauer Ständerätin schreibt auf X: «Fehlt nur noch die Heiligsprechung. Wer die Hisbollah ist, wisst ihr aber schon?» Ansonsten solle der Sender doch die Menschen auf den Strassen im Iran fragen.

Andere User werfen SRF sogar Antisemitismus vor. Nicht nur im Zusammenhang mit dem Tod von Nasrallah, sondern auch allgemein in der Berichterstattung zum Nahostkonflikt.

SRF weist Vorwürfe zurück

Am Leutschenbach hat man kein Verständnis für die teils heftige Kritik. Gegenüber Nau.ch stellt SRF klar: «SRF weist den Vorwurf einer antisemitischen oder prodschihadistischen Haltung entschieden zurück.»

Standort des SRF im Zürcher Leutschenbach. - keystone

Das Schweizer Radio und Fernsehen betont, dass man den Tod Nasrallahs von vielen Perspektiven aus beleuchtet habe.

Der kritisierte Artikel beinhalte beispielsweise Agenturmaterial. Dazu kommen verschiedene Beiträge von Korrespondenten oder Experteninterviews. Vom Publikum selbst habe man keine direkten Reaktionen erhalten.

Nahost-Experte: Text ist «sachlich und informativ»

Auch Nahost-Experte Hans-Lukas Kieser von der Universität Zürich nimmt SRF in Schutz. «Ich halte den SRF-Nachruf für sachlich und informativ», sagt er auf Anfrage von Nau.ch.

Der Text gebe Auskunft über das Wirken von Nasrallah, inklusive der Terroraktionen. Auch seine Unterstützung der Hamas werde thematisiert.

Hans-Lukas Kieser ist emeritierter Professor der Universität Zürich und Historiker an der australischen Universität Newcastle. - University of Newcastle Australia

Die Kritik versteht Kieser nicht: «Mir ist schleierhaft, wie jemand dies als Nachruf eines Nobelpreisträgers lesen kann.» Dazu kommt, dass man laut dem Experten sowieso keine Person entmenschlichen sollte. «Selbst wenn er oder sie aus guten Gründen als Terrorist gilt.»