Coronavirus: Variante B117 bereitet BAG Sorgen
Die Fallzahlen des Coronavirus zeichnen keine beruhigte epidemiologische Lage. Das BAG und die Task Force mahnen vor zu schnellen Lockerungen.
Die Medienkonferenz mit Fachpersonen des Bundes, der Task Force und der Kantone.
Das Wichtigste in Kürze
- Die epidemiologische Lage wird als weiter unsicher beschrieben.
- Weitere Lockerungen erscheinen unwahrscheinlich, ein Jo-Jo-Effekt will vermieden werden.
- Die Kantone arbeiten an Konzepten für flächendeckende Massentests.
Die Schweiz befindet sich wieder in einer Wartephase der Pandemie. Die Entwicklung der Fallzahlen des Coronavirus deuten auf keine deutliche Richtung, die Lage könnte sich rasch verschlechtern. Viele Leute warten auf eine Impfung, das BAG wiederum wartet auf die Lieferungen.
Hier sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der Medienkonferenz:
– Innert letzter Woche sind 144'005 Impfungen verabreicht worden, eine Verbesserung zur Vorwoche. Doch der Bund wartet immer noch auf grössere Liefervolumen, um wirklich durchzustarten; die Kantone auch. Gemäss Daten des Bundesamts sind etwas mehr als 330'000 Personen vollständig gegen das Coronavirus geimpft, Stand Sonntag. Für den März sollte Moderna noch eine Million Dosen liefern.
– Die Lage bleibe noch unsicher, sagten Virginie Masserey und Martin Ackermann. B117 bereitet den Behörden aber Sorgen, mittlerweile mache die Variante über 70 Prozent der Fälle aus.
– Es wird weiterhin auf Massentests gesetzt, um die Lage unter Kontrolle zu behalten. Die Kantone sind grösstenteils noch in der Vorbereitungsphase, teilt Rudolf Hauri mit. Bis Ende März sollte man noch keine flächendeckenden Tests erwarten.
15:09 Welche Öffnungen sind für nächste Woche realistisch? Dazu könne sich die Task Force nicht äussern, das sei ein politischer Entscheid. Masserey ergänzt: Es sei ein risikobasierter Entscheid. Zum Beispiel könnten Orte, wo Masken getragen und die Distanzen respektiert werden, als Erste geöffnet werden.
15:02 Wieso sind die Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus noch wichtig? Ackermann antwortet: Viele Menschen wollten sich so bald als möglich impfen lassen. Es sei wichtig, die Einschränkungen noch ein Stückchen weiterzuziehen, fügt Kronig an.
Rudolf Hauri sagt, die vulnerablen Personen seien noch lange nicht alle geimpft. Zudem könnten auch «nicht vulnerable» Personen einen schweren Krankheitsverlauf haben. Deswegen sei es wichtig.
Schritt für Schritt zurück in Normalität
14:54 Wann kehrt das normale Leben zurück? Ackermann erwarte eine schrittweise Zurückführung in die Normalität. Es werde kein einziger grosser Schritt geschehen. Zudem werde nicht mehr alles «normal»bleiben, Masken werden wohl bleiben.
Wie lange Masken noch nötig sein werden, hänge vom Schutz der Impfung ab. Konkreter vom Übertragungsschutz.
14:48 Werden geimpfte Personen im Sommer reisen dürfen? Nora Kronig bleibt vage: Es liefen dazu zwar Diskussionen, vor allem in Europa. Aber wie das aussehen werde, sei schwierig zu sagen.
Ackermann ergänzt: Er erwarte, dass die Impfung Ende Juni (also das erwartete Ende der Impfkampagne) grosse Erleichterungen bringen werde. Aber gewisse Punkte müsse man noch beachten, beispielsweise die Impfung von Kinder und Jugendlichen. Zudem werde das Coronavirus wahrscheinlich nicht verschwinden.
14:41 Lehrerinnen und Lehrer forderten seit Wochen, prioritär geimpft zu werden, sagt eine Journalistin. Nora Kronig sagt, das BAG habe die Prioritätskriterien aufgrund epidemiologischer Kriterien festgelegt. Zum Beispiel eben, dass Personen, die eher hospitalisiert werden würden, priorisiert werden.
14:39 Wie ist die Gruppe der vollständig Geimpften aufgeteilt? Das sei auf dem Dashboard zu finden, sagt Masserey, aber nur von einigen Kantonen. Ganz so detailliert seien zudem die Daten auch nicht. «Das kommt aber Schritt für Schritt», so die Beamtin.
14:36 Aus Sicht der Task Force sind Jo-Jo-Effekte unerwünscht. Hin und her wechselnde Massnahmen seien eine Belastung für die Bevölkerung. Der «absolut entscheidende Faktor» sei auch die Impfung, so Ackermann.
Er mahnt auch vor zu eiligen Lockerungen, denn eine Herdenimmunität sei noch keineswegs erreicht.
14:33 Der 15. März für flächendeckende Massentests in der Schweiz sei ein «sportliches Ziel», sagt Hauri. Wann genau die Labors und Kantone dazu bereit sein könnten, sei auch unklar.
Aber den März werde es sicher noch als Vorbereitungszeit brauchen. Zum Beispiel seien ja Selbsttests noch gar nicht zugelassen.
Kronig schweigt über Impfverträge und Verhandlungen
14:30 Zu einem möglichen Vertrag mit Johnson & Johnson kann und will sich Kronig nicht äussern. «Wir haben sehr breite Kontakte», sagt sie aber.
14:27 Wie nächste Impfdosenlieferungen aussehen könnten, sei schwierig zu sagen, sagt Kronig. Das sei immer noch abhängig von den Produktionsstätten. Aber das drei- bis vierfache der aktuellen Lieferungen sei sicher zu erwarten. Und eine monatliche Erhöhung des Volumens.
14:24 Nun spricht Rudolf Hauri: Es zeichne sich eine dunklere Periode am Horizont ab. Deswegen seien den Schutzmassnahmen gegen das Coronavirus auch weiterhin zu folgen. Die Kantone befassten sich zurzeit intensiv mit dem Contact Tracing und der Teststrategie. Zum Beispiel wiederholende Tests an Schulen oder Unternehmen.
Das Impfen laufe organisatorisch gut, der schnelle Ausbau ebenso. Die Kantone seien bereit für grössere Liefervolumen.
14:21 Mit den Abwasserproben könne auch der R-Wert gut geschätzt werden. Ausserdem könnten die Proben zur Sequenzierung bereitgestellt werden. Besonders interessant: Abwasserbasierte Epidemiologie fungiere auch als Frühwarnsystem für eine nächste Welle des Coronavirus, sagt der Forscher.
14:19 Der Pandemieverlauf könne mit weniger Proben verfolgt werden, so Ort. Zum Beispiel in Zürich mit 136 Wasserproben versus circa 280'000 klinischen Tests, also PCR-Proben von Menschen.
14:16 Christoph Ort, Gruppenleiter der Abteilung Siedlungswasserwirtschaft (Eawag) ist an der Reihe. Er erklärt zuerst «abwasserbasierte Epidemiologie». Kurz: Viren können im Abwasser nachgewiesen und gemessen werden. Erste Proben mit dem Coronavirus seien schon Ende Februar im Tessin gefunden worden.
Task Force: «Lage uneindeutig»
14:15 «Die Lage ist uneindeutig», so Ackermann. Die Schweiz sei nur zwei Verdoppelungen vom letzten Höchststand entfernt. Ackermann spricht sich für Massentests und Impfung aus. Mit ihnen könne die Pandemie gemanagt respektive überwunden werden.
14:11 Martin Ackermann ergreift das Wort. Die epidemiologische Lage in den letzten Wochen sei leicht schlechter. Die Variante B117 habe an Dominanz gewonnen, was die Entwicklung der Fallzahlen verunsichere. Sie könnten sinken, steigen, oder stagnieren.
Wenn die Massnahmen gelockert werden und B117 sich stärker verbreitet, steigen sie an. Aber dank besserem Contact Tracing und den höheren Temperaturen könne dem entgegengewirkt werden. Auch die steigende Immunität in der Bevölkerung spiele eine wichtige Rolle.
14:07 Nora Kronig spricht über die Impfzahlen. Die Schweiz käme gut voran, im zweiten Quartal sei immer noch der grösste Teil der Impfung vorgesehen. Jeden Monat habe das BAG aber «stetig steigende Volumen» an Impfdosen.
14:00 Virginie Masserey eröffnet die Medienkonferenz. Die epidemiologische Lage bleibe unsicher, man beobachte einen leichten Anstieg der Fallzahlen. Dies nach einer zweiwöchigen Stagnation. Die Testfrequenz bleibe aber stabil, die Hospitalisierungen ebenso.
Der R-Wert sei Ende Februar bei 1,09 gelegen. Die Mutationen des Coronavirus seien nun sicher dominant in den Infektionszahlen. Weil nun die Mehrheit aller Pflege- und Altersheimbewohnenden vollständig geimpft sei, könnten diese ihre Schutzmassnahmen leicht lockern.
An der Monstersitzung im Nationalrat von gestern verzichteten die Mitglieder auf ein fixes Öffnungsdatum im Covid-Gesetz. Der Bundesrat wird also weiterhin selber entscheiden können, wann er gewisse Bereiche lockern will. Auch unangetastet blieben die Öffnungskriterien.
Dazu gehört zum Beispiel der R-Wert, die Inzidenz, aber auch die Positivitätsrate. Obwohl sich Alain Berset aufgrund von Recherchen von Nau.ch gegen diesen Wert als Kriterium aussprach. Für Lockerungen müsste aber auch das Gesundheitssystem wohlauf sein.
Coronavirus: Weitere Lockerungen könnten auf sich warten lassen
Zieht man all diese Kriterien in Betracht, sieht es für Öffnungen nicht gut aus. Die Fallzahlen des Coronavirus steigen wieder an: In mehr als die Hälfte der Kantone haben sie letzte Woche zugenommen.
Etwas besser sieht es bei den Impfungen aus. Das BAG meldete letzte Woche eine neue Lieferung, die die Millionen-Grenze knackte.
Im Nationalrat stimmte gestern auch eine Mehrheit gegen die Zensur der wissenschaftlichen Task Force. Ob diese das Resultat an der Medienkonferenz kommentieren wird, ist ungewiss. Die Task Force nimmt ungern Stellung zu politischen Entscheiden. Gemeinsam mit dem BAG und Rudolf Hauri informiert die Science Task Force um 14 Uhr.
Folgende Fachleute nehmen teil:
– Nora Kronig, Vizedirektorin, Leiterin Abteilung Internationales, Bundesamt für Gesundheit BAG
– Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle, Bundesamt für Gesundheit BAG
– Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
– Martin Ackermann, Präsident, National COVID-19 Science Task Force
– Christoph Ort, Gruppenleiter, Abteilung Siedlungswasserwirtschaft, Eawag