Heiratsstrafe: Bundesgericht annulliert Volksabstimmung
Novum in der Schweizer Geschichte: Das Bundesgericht hat entschieden, dass die Abstimmung über die CVP-Volksinitiative gegen die Heiratsstrafe wiederholt wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Das Bundesgericht annulliert die Abstimmung über die Heiratsstrafe-Initiative der CVP.
- Weil der Bundesrat falsche Zahlen präsentierte, muss das Volk erneut entscheiden.
- Die CVP freut sich: Das Abstimmungsresultat war äusserst knapp.
Im Vorfeld der Abstimmung über die Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» hat der Bundesrat mit falschen Zahlen operiert. Deshalb hat das Bundesgericht nun den Initianten, der CVP, recht gegeben und das Abstimmungsresultat annulliert. Die Initiative war mit 50,8 Prozent Nein-Stimmen nur knapp gescheitert.
«Krasse Fehler passiert»
Das sei ein höchst erfreulicher Entscheid, sagt CVP-Präsident Gerhard Pfister zu Nau. «Es sind krasse Fehler passiert!» Während des Abstimmungskampfes lag die Schätzung bei rund 330'000 Betroffenen, neu geht der Bund von 704'000 betroffenen Ehepaaren aus. «Da kann man schon vermuten, dass es anders herausgekommen wäre», sagt Pfister – denn immerhin war auch die Mehrheit der Kantone dafür.
Was jetzt genau passiert, ist für alle Neuland: Seit 1848 wurde noch nie eine Volksabstimmung annulliert. «Das gab’s ja noch nie!», betont Pfister. Für ihn ist klar: «Man kann jetzt nicht einfach die Abstimmung wiederholen.»
Heiratsstrafe zurück zum Start
«Aus unserer Sicht muss der Bundesrat nochmals eine neue Botschaft machen», fordert der CVP-Präsident. Also noch einmal die ganze Tour durchs Parlament, als wäre es eine neu eingereichte Initiative.
So könne man auch über allfällige Gegenvorschläge noch einmal befinden. Und andere Bestrebungen zur Abschaffung der Heiratsstrafe berücksichtigen.
Wegweisender Entscheid
Besteht aber für die CVP nicht die Gefahr, dass ihr hartnäckiges Beharren als Zwängerei empfunden wird? Pfister winkt ab: «Nein, das geht ja alles auf die Kappe des Bundesrats.»
Der Bundesrat, der heute vom Bundesgericht eins auf die Finger bekommen hat. Das sei ein wegweisender Entscheid, findet Pfister. «Damit macht das Bundesgericht klar, dass der Bundesrat nicht einfach irgendwelche Zahlen ins Abstimmungsbüchlein schreiben kann.»