Moria: Schweizer Helfer sieht Karin Keller-Sutter als Problem
Schweizer Städte wollen Flüchtlinge aus Moria aufnehmen. Justizministerin Karin Keller-Sutter blockiere solche Angebote, sagt ein Schweizer Helfer.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweizer Helfer Fabian Bracher kritisiert Justizministerin Karin Keller-Sutter.
- Sie verhindere, dass Flüchtlinge aus Moria in der Schweiz aufgenommen werden können.
- Verschiedene Schweizer Städte haben sich dazu bereit erklärt, können aber nicht handeln.
Überrascht ist Fabian Bracher nicht: «Es hat sich angebahnt, Europa hat es wissentlich und willentlich hingenommen, dass dies passiert.» Dass im völlig überfüllten Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos die Situation eskaliert, so wie jetzt mit dem Grossbrand.
Bracher kennt die Lage vor Ort, er wird Ende September einmal mehr nach Lesbos reisen, um zu helfen. Und er klagt an: Justizministerin Karin Keller-Sutter stehe auf der Bremse. Sie sei es, die verhindere, dass die Städte nicht Flüchtlinge direkt aus Moria in die Schweiz holen können.
«Bei Keller-Sutter geht der Knoten nicht auf»
Diverse Schweizer Grossstädte wollen je um die 20 Personen aus Moria aufnehmen, wenn sie denn könnten. Die Angebote bestehen zum Teil schon seit Monaten. Die Stadt Zürich verlangt jetzt vom Bund umgehend, eine nationale Konferenz einzuberufen. Für Fabian Bracher ist klar, warum bislang nichts in diese Richtung passiert ist: «Bei Keller-Sutter geht der Knoten nicht auf.»
Denn das EJPD und das ihm unterstehende Staatsekretariat für Migration (SEM) seien diejenigen, die blockierten. Man habe Solidaritätbekundungen von Städten, Gesellschaft und Organisationen, man habe Flugzeuge und Unterkünfte, so Bracher. Aber der Bund verhindere eine direkte Aufnahme von Geflüchteten aus Moria.
«Enormer psychischer Druck» in Moria
Bracher hat mit «One Happy Family» seit 2017 ein Gemeinschaftszentrum auf Lesbos aufgebaut. Es soll den Geflüchteten Abwechslung und Freiraum bieten. Nebst Küche, Spielplatz oder Ärzteklinik werden auch eine «Bank» mit eigener Währung, ein VW-Bus als Bibliothek oder ein Yoga-Zelt angeboten.
«Es ist ein enormer psychischer Druck, der auf diesen Menschen lastet», erzählt Bracher. Seit Monaten oder Jahren sässen diese auf der Insel fest, seit sechs Monaten ist man zusätzlich im Lockdown. Anfang September wurde dann das ganze Lager unter Quarantäne gestellt, als die ersten Corona-Fälle bestätigt wurden. «Das heisst, die wenigen infizierten Personen wurden zusammen mit den Gesunden eingesperrt, die aktiv einer Gefährdung mit Corona ausgesetzt wurden.»
Evakuierung aus Lesbos
Die griechische Regierung über die ganze Insel Lesbos für die nächsten vier Monate den Ausnahmezustand verhängt. Trotz oder gerade wegen des Feuers bleibt Griechenland hart: Die Insel verlassen dürfen die Flüchtlinge nach wie vor nicht. Davon ausgenommen sind einzig rund 400 unbegleitete Minderjährige, die aufs Festland gebracht wurden.
Unverständlich für Bracher: «Durch den Brand haben die Menschen, die vorher schon nichts hatten, alles verloren. Jetzt sind sie auf der Strasse, seit Tagen am Ausharren, weil sie keinen Platz mehr haben, wo sie schlafen könnten.»
Im Februar musste das Gemeinschaftszentrum wegen Corona schliessen. Ende September geht Fabian Bracher wieder nach Lesbos, um sich für die Evakuierung aller Flüchtlinge einzusetzen. Geplant ist die Reise bereits seit einem Jahr. Eine Anpassung der Pläne nach dem Feuer brauche es nicht – im Gegenteil.