Tunesien: Richter ordnet Haft für Ennahda-Chef Ghannouchi an
Der führende tunesische Oppositionspolitiker und Vorsitzende der islamischen Ennahda-Partei, Rached Ghannouchi, ist nach seiner Festnahme in Haft genommen worden. Ein Untersuchungsrichter habe die Inhaftierung am Donnerstag angeordnet.
Das Wichtigste in Kürze
- Das teilte die Partei mit.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Kritiker des Präsidenten Kais Saied wegen «hetzerischer Äusserungen». Der 81-Jährige hatte zuvor gewarnt, dass der Ausschluss bestimmter politischer Gruppierungen wie etwa der Ennahda-Partei zu einem Bürgerkrieg in Tunesien führen könne.
Sicherheitskräfte hatten ihn und weitere Parteimitglieder Anfang der Woche festgenommen. Sie schlossen zudem mehrere Büros der Organisation. Die Ennahda-Partei, die als wichtigster Gegner Saieds gilt, verurteilte die «ungerechtfertigte Inhaftierung» am Donnerstag. Sie sei nur ein Vorwand der politischen Führung, um von den eigentlichen Krisen im Land abzulenken. Ghannouchi habe gegen die Diktatur und für Freiheit und Demokratie gekämpft.
Saied hatte in den vergangenen Monaten etliche Kritiker festnehmen lassen, darunter Oppositionelle, Aktivisten und Richter. Ihnen werden etwa Korruption und «Verschwörung gegen die Staatssicherheit» vorgeworfen. Auch mehrere Ennahda-Mitglieder sind betroffen.
Der Präsident sicherte sich in den vergangenen Jahren immer mehr Macht in dem nordafrikanischen Land mit 12 Millionen Einwohnern. Er löste dafür im Vorjahr auch das Parlament auf, dessen stärkste Kraft die Ennahda war. Die Macht der als moderat geltenden Islamisten wurde dadurch erheblich beschnitten. Saied liess später eine neue, deutlich geschwächte Volksvertretung wählen. Der Staatschef führte ausserdem eine umstrittene neue Verfassung ein, dank der er auch eigenmächtig Richter ernennen und entlassen darf.