Ärmere Länder gehen bei der Verteilung der Corona-Impfung leer aus
Während reiche Länder mit dem Impfen angefangen haben, müssen ärmere Länder noch monatelang auf den Impfstoff warten. Dies birgt die Gefahr für Mutationen.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Corona-Pandemie zeigt sich die globale Verteilungsungerechtigkeit.
- Reichere Länder erhalten durch teure Vorabverträge den Corona-Impfstoff zuerst.
- Dies führt dazu, dass ärmere Länder noch monatelang auf den Impfstoff warten müssen.
Nichts ist derzeit weltweit wohl so begehrt wie der Corona-Impfstoff. Der Verteilungskampf ist in vollem Gang. Denn die Impfstoffe haben eines gemeinsam: Noch gibt es zu wenig davon.
Dabei zeigt sich einmal mehr die globale Ungerechtigkeit zwischen Entwicklungsländern und reicheren Staaten. Während sich die Medien zu den Impfstarten in der Schweiz, Deutschland oder zum Impf-Champion Israel überschlugen, haben Länder wie Haiti, Honduras oder Malawi noch keine einzige Impfdose bekommen.
Reiche Länder konnten sich durch teure, bilaterale Vorabverträge die Versorgung mit dem Impfstoff für ihre Bevölkerung sichern. Währenddessen gehen die ärmeren Länder leer aus.
COVAX-Initiative kämpft für Verteilungsgerechtigkeit
Damit Länder unabhängig von ihrer Kaufkraft Zugang zu Impfstoffen erhalten, hat die WHO schon im April 2020 die Initiative COVAX ins Leben gerufen. COVAX steht für «COVID-19 Vaccines Global Access». 190 Staaten machen mit. Sie haben sich verpflichtet, einen weltweit gleichmässigen und gerechten Zugang zu Impfstoffen zu gewährleisten.
Hilfsorganisationen wie das internationale Kinderhilfswerk World Vision unterstützen die Initiative. Doch laut World Vision greift der Mechanismus nicht. «Allein in den zehn ärmsten Ländern der Welt leben etwa 330 Millionen Menschen. Die Menschen sind auf eine schnelle und breit angelegte Impfstoffversorgung angewiesen – doch die können sich die Regierungen dort gar nicht leisten. Deshalb ist globale Hilfe unbedingt nötig. Sonst wird das Covid-19-Virus nicht besiegt werden können.»
COVAX will, dass bis zum Jahresende zumindest 20 Prozent der Bevölkerung ärmerer Länder geimpft sind. World Vision schätzt allerdings, dass sogar dies noch Jahre dauern könnte. Das birgt auch eine Gefahr für weitere Mutationen des Virus.
Impfstoff nicht für Entwicklungsländer entwickelt
In der EU wird mit den Impfstoffen von BionTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca geimpft (AstraZeneca wurde in der Schweiz nicht zugelassen und steht derzeit aufgrund von Unstimmigkeiten in den Studienergebnissen in der Kritik). Obwohl sie weltweit einsetzbar wären, kamen sie bis anhin fast ausschliesslich den Menschen in Industrienationen zugute.
Neben der fehlenden Finanzkraft ärmerer Staaten, kommt ein weiterer Faktor hinzu, der die Impfverteilung erschwert: die Lagerungsbedingungen.
Denn die Impfstoffe von BionTech/Pfizer und Moderna, die zugleich die höchste Effektivität aufweisen, müssen auf -70 Grad Celsius tiefgefroren werden. Viele Entwicklungsländer können diese Infrastruktur nicht bieten.
Einige afrikanische Länder prüfen daher Alternativen, die in einem herkömmlichen Kühlschrank gelagert werden können. Guinea und Bolivien beispielsweise nutzen das russische Vakzin Sputnik V.
Die Seychellen impfen mit dem in China hergestellten Sinopharm-Impfstoff. Auch Kenia interessiert sich dafür. Und dies, obwohl noch keine unabhängigen wissenschaftlichen Studien erwiesen haben, wie wirksam der chinesische Impfstoff wirklich ist.
Die chinesische Regierung gibt die Wirksamkeit ihres Impfstoffs bei 79 Prozent an. Übrigens, auch die russischen Studienergebnisse für Sputnik V genügten bis anhin keinen internationalen Standards.
Impf-Nationalismus erschwert Verteilung
Doch letztendlich scheint das für die ärmeren Länder immer noch eine bessere Wahl zu sein, als darauf zu warten, bis sich die wohlhabenden Staaten am Impftopf bedient haben.
Obwohl Corona eine globale Herausforderung ist und immer wieder betont wird, dass das Virus nur mit multilateraler Kooperation besiegt werden kann, zeigt sich jetzt ein starker «Impf-Nationalismus». Die «Ich zuerst-Haltung» der reichen Industrieländer untergräbt das Ziel einer gerechten, weltweiten Verteilung.