Der unfreiwillige Jubel-Fotograf ist eigentlich Kriegsreporter
AFP-Fotograf Yuri Cortez ist der Held wider Willen des WM-Halbfinals Kroatien gegen England. Dabei ist seine eigentliche Geschichte noch viel eindrucksvoller.
Das Wichtigste in Kürze
- AFP-Fotograf Yuri Cortez wurde unfreiwillig in den Torjubel der Kroaten miteinbezogen.
- Eigentlich ist er ja spezialisiert auf Krisengebiete.
- Unter Kroaten begraben fotografierte er weiter. Torschütze Mandzukic entschuldigte sich.
Solch spektakuläre Fotos hätte sich Yuri Cortez von der Nachrichtenagentur AFP wohl nicht erträumt – jedenfalls nicht bei diesem Auftrag: Der Fussball-WM 2018. Als Mario Mandzukic Kroatiens 2:1 im WM-Halbfinal gegen England erzielt hatte, wurde Cortez plötzlich von jubelnden Spielern begraben. Und drückte trotzdem noch ab.
Ungemütliche Situationen gewohnt
In kritischen Situation ruhig zu bleiben und den Finger am Drücker behalten: Das kennt Cortez bestens. Allerdings auch aus weitaus ungemütlicheren Situationen als von schwitzenden Kroaten erdrückt zu werden: Aus den Konfliktgebieten in Lateinamerika und dem Nahen Osten.
So hat Cortez den blutigen Drogenkrieg in seiner Heimat Mexiko ebenso festgehalten wie den Gaza-Konflikt und das terrorgeplagte Afghanistan. Und dabei nicht nur Bilder in Erinnerung behalten: Sein Freund und AFP-Kollege Shah Marai wurde in Kabul bei einem Selbstmordanschlag getötet.
The last goodbye for a friend!!! Funeral of @shahmarai the Chief Photographer of AFP in Kabul #Kabul #photographer #fallenphotographer https://t.co/JVUmwJnrDo
— Yuri Cortez (@YuriYurisky) May 2, 2018
15 Minuten Berühmtheit – oder ein bisschen mehr
Der ungestüme Jubel der Kroaten beschert Cortez nun nicht nur einen vergleichsweise harmlosen Schreckensmoment, sondern auch weltweite Aufmerksamkeit. Wegen dem Bodycheck mitten beim Objektivwechsel entschuldigte sich Torschütze Mandzukic mit WM-Helden-Handschlag.
Jemand habe seine Objektive eingesammelt – kein vernachlässigbares Detail, denn so ein Nikon Nikkor AF-S 180-400 mm TC1.4 FL ED VR kostet um die 12'000 Franken. Verteidiger Domagoj Vida küsste Cortez auf den Kopf. Aber wie gesagt: Es gibt Schlimmeres.