Adipositas: eine ernstzunehmende körperliche Erkrankung
Immer mehr Menschen leiden an schwerem Übergewicht. Seit einigen Jahren setzt sich die Erkenntnis durch, dass Adipositas selbst eine Krankheit ist.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Schweiz gelten 11 Prozent der Bevölkerung als adipös (fettleibig).
- Adipositas gilt als eine der grössten gesundheitlichen Herausforderungen weltweit.
- Schweres Übergewicht führt zu zahlreichen Folgekrankheiten.
Übergewicht ist in der westlichen Welt weit verbreitet und nimmt auch in Entwicklungsländern zu. Die Ursache ist eine Mischung aus ständig verfügbarer Nahrung, ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel.
Betroffene leiden nicht nur körperlich unter den Folgen. Die Stigmatisierung schwer übergewichtiger Menschen wirkt sich stark auf die Psyche aus.
Die drei Grade der Adipositas
Als wichtigster Massstab für gesundes Gewicht gilt der Body-Mass-Index (BMI). Dieser berechnet das Verhältnis von Körpergrösse zu Körpergewicht.
Bei einem BMI zwischen 25 und 29.9 ist von normalem Übergewicht die Sprache. Ab einem BMI von 30 gilt ein Mensch als adipös, also fettleibig.
Die Adipositas wird noch einmal in drei Grade unterteilt:
Grad I: 30 – 34.9
Grad II: 35 – 39.9
Grad III: über 40
In der Schweiz gelten mittlerweile 42 Prozent der Erwachsenen als übergewichtig, 11 Prozent als adipös. Bei Jugendlichen sind immerhin schon 15 Prozent übergewichtig. Seit 2008 wird Adipositas von der Weltgesundheitsorganisation WHO als behandlungsbedürftige Krankheit eingestuft.
Bislang galten nur die Folgekrankheiten wie Diabetes mellitus als Krankheit. Adipositas wurde eher als Risikofaktor betrachtet. Allerdings verursacht die Fettleibigkeit selbst, insbesondere bei Grad III (adipositas permagna), starke Beschwerden.
Dazu kommt der psychosoziale Faktor: Viele adipöse Menschen leiden unter Depressionen durch das Gefühl der Stigmatisierung und Ausgrenzung.
Die Ursachen der Adipositas
In der Öffentlichkeit hält sich noch immer das Bild der willensschwachen «Fetten», die zu keinem Stück Torte nein sagen können. Tatsächlich kann Fettleibigkeit jedoch vielfältige Ursachen haben. Indem diese erforscht werden, lässt sich das Problem an der Wurzel packen.
So gibt es tatsächlich eine genetische Veranlagung zu einem problematischen Essverhalten. Im Gehirn steuert der Hypothalamus das Hunger- und Sättigungsgefühl.
Durch genetische Störungen kann es vorkommen, dass das Gehirn ständig «Hunger» meldet, weil es sich nicht satt fühlt.
Auch hormonelle Beschwerden wie eine Unterfunktion der Schilddrüse oder bestimmte Medikamente können zu einem ungesunden Essverhalten führen. Zunächst sollten diese Faktoren ärztlich geklärt werden, um einen Behandlungsansatz für die Adipositas zu finden.
Psychische Probleme als Ursache
Essen wird oft genug als Trost behandelt. Menschen mit Depressionen versuchen dadurch, sich besser zu fühlen. Bei Angststörungen trägt das Essen zur Beruhigung bei.
Kinder oder Jugendliche die Opfer von sexuellem Missbrauch geworden sind, neigen oft unterbewusst dazu, sich mit dem Fett eine Art Schutzschild zuzulegen.
Sind sie nicht mehr attraktiv, werden sie auch nicht mehr belästigt, so der Gedanke.
In diesen Fällen muss das Problem psychologisch betrachtet werden. Eine Psychotherapie zur Verarbeitung von früheren Traumata oder einer Angststörung kann helfen, den Griff zum Essen als Trostpflaster zu vermeiden.
Kann die Depression medikamentös behandelt werden, entfällt ebenfalls der Griff zu Nahrungsmitteln.
Falsche Ernährung und Bewegungsmangel
Allerdings fällt ein Grossteil der Erkrankungen auf die alimentäre Adipositas. Anders gesagt, auf falsches Essverhalten. Viele Menschen ernähren sich zu fett- und zuckerhaltig.
Meist geht die falsche Ernährung mit Bewegungsmangel einher. Der moderne Mensch fährt mit dem Auto zur Arbeit, sitzt den ganzen Tag am Schreibtisch und abends vor dem Fernseher.
Je mehr Gewicht er dann auf die Waage bringt, umso schwerer fällt die Bewegung. Ein Teufelskreis entsteht.
Der hohe Preis der Fettleibigkeit
Schweres Übergewicht führt zu einer Vielzahl von Zivilisationskrankheiten. Alleine in der Schweiz gibt es heute rund 500´000 Menschen, die an Diabetes mellitus erkrankt sind.
Weltweit haben sich die Kosten für die Behandlung von Diabetes mellitus in den letzten Jahrzehnten verdreifacht.
Ebenfalls sehr häufig ist Bluthochdruck. Dieser führt zu schweren Herzerkrankungen und kann Schlaganfälle verursachen. Das hohe Gewicht belastet Knochen und Gelenke übermässig, wodurch es zu frühzeitigem Rheuma und Arthritis kommen kann.
Ganzheitliche Behandlung von Adipositas
Mediziner verfolgen heute einen ganzheitlichen Ansatz zur Behandlung von Adipositas. Dieser umfasst einerseits die Behandlung der körperlichen Beschwerden wie Diabetes, Bluthochdruck und Rheuma.
Doch auch die psychologische Seite wird berücksichtigt: Der Griff zur Nahrung bei Kummer oder Stress soll in Zukunft vermieden werden.
Viele Menschen haben nie gelernt, sich gesund zu ernähren. Darum gehört auch Ernährungsberatung zu diesem Behandlungsansatz. Eine Umstellung der eigenen Ernährung hin zu fettarmer, nährstoffreicher Kost, hat den grössten Anteil an einer Gewichtsreduzierung.
Nicht zuletzt wird auch die Bewegung gefördert. Bei Adipositas Grad III beginnt die Behandlung meist mit leichten Übungen im Rahmen einer Physiotherapie. Später kommt intensiverer Sport zur Kalorienverbrennung und zum Muskelaufbau hinzu.