Finanzen: KI an der Börse – wie misst man Finanz-Hypes?

Stephan Lehmann-Maldonado
Stephan Lehmann-Maldonado

Bern,

Microsoft, Nvidia, Amazon & Co. mussten Federn lassen. Bricht eine Finanzkrise aus? Hier sind zwei einfache Kennzahlen, um Aktien besser beurteilen zu können.

KI Börse
Eisenbahnen, Autos, Internet – und aktuell KI: Immer wenn eine Branche die Börse dominiert, ist längerfristig Vorsicht geboten, sagt nau.ch-Finanzexperte Stephan Lehmann-Maldonado. - Pixabay

Das Wichtigste in Kürze

  • KI-Unternehmen dominieren die Börsen wie einst Dotcom-Firmen.
  • Die Kurs-Gewinn-Verhältnisse vieler Aktien scheinen astronomisch hoch.
  • Bisher hat sich noch jeder Hype früher oder später aufgelöst.

Was war los? Anfang August gerieten die Börsenkurse weltweit ins Purzeln. Zur Erklärung lassen sich makroökonomischen Gründe anführen. Wir wollen uns aber auf Beobachtungen beschränken.

Seit Anfang 2023 stehen die Finanzmärkte im Zeichen der Künstlichen Intelligenz, kurz KI. Die «glorreichen Sieben» – Microsoft, Nvidia, Apple, Alphabet, Amazon, Meta und Tesla – machen rund 30 Prozent des amerikanischen Börsenbarometers S&P 500 aus. Dabei stellen diese Unternehmen nichts her, was für Menschen überlebenswichtig ist.

KI wie Eisenbahnen?

Zu einer solchen Dominanz einer Branche kommt es, wenn ein Hype um neue Technologien ausbricht. Ende der 90er-Jahre regierten die Internet-Firmen die Indizes, in den 60er-Jahren die Öl- und Autokonzerne – und vor 140 Jahren, als der erste Aktienindex Dow Jones Average startete, waren es die Eisenbahngesellschaften.

Internet, Auto und Eisenbahn sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch kaum jemand erinnert sich noch an die Börsenstars von einst. «Diesmal wird alles anderes», heisst es oft. Wirklich?

Rechnen wie die Finanzprofis

Konzentrieren wir uns auf zwei einfache Finanz-Kennzahlen, die schon ziemlich viel über eine Aktie verraten: das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und die Ratio Price-Earnings-to-Growth (PEG). Das KGV berechnet sich einfach: der Aktienkurs geteilt durch den Gewinn pro Aktie. Der Quotient zeigt, wie oft der Unternehmensgewinn im Kurs enthalten ist.

Nvidia Microsoft
Chips von Nvidia spielen eine Schlüsselrolle für Software mit Künstlicher Intelligenz. Der KI-Boom macht auch Aktien von Microsoft populär. - Andre M. Chang/ZUMA Press Wire/dpa

Wenn Microsoft ein KGV von über 35 aufweist, sind die Börsianerinnen und Börsianer bereit, 35-mal den Jahresgewinn hinzublättern, um eine Aktie zu kaufen. Etwas viel, nicht wahr? Bei Chip-Entwickler Nvidia beträgt das KGV sogar 91. Theoretisch müsste man 91 Jahre warten, bis sich das Investment in die Aktie auszahlt.

Hohe Kunst: Gewinne schätzen!

In der Regel rechtfertigt man ein hohes KGV damit, dass mit einem starken Gewinnwachstum zu rechnen ist. Um dieses zu berücksichtigen, greift man auf die PEG-Kennziffer zurück. Teilt man das KGV durch die Wachstumsrate des Gewinns, ergibt sich das PEG. Die Krux: Die Wachstumsrate des Gewinns muss man schätzen – also den Daumen in den Wind halten.

Angenommen, ein KI-Unternehmen hat ein KGV von 50. Legen seine Gewinne um 50 Prozent zu, ergibt sich ein PEG von 1. Als Faustregel gilt: Werte unter 1 sind attraktiv, Werte darüber deuten auf Übertreibungen hin. Bei Microsoft bewegt sich das PEG um 2,9, bei Nvidia um 0,46. Doch trüben sich die Gewinnaussichten ein, werden die schönsten Kennzahlen zur Makulatur.

Wie einst die Dotcom-Blase?

Vielleicht ist die Vergangenheit der beste Indikator für die Zukunft. Bevor die Dotcom-Blase ums Millennium platzte, schwärmten selbst honorige Professoren von einer «New Economy» mit neuen Spielregeln. Doch die Geschichte lehrt anderes: die meisten Märkte mit astronomisch hohen KGV brechen früher oder später ein.

***

Zum Autor:

Stephan Lehmann-Maldonado hat schon als Kind Münzen gesammelt und sich während seines Wirtschaftsstudiums an der Universität Zürich auf Banking und Finance spezialisiert. Parallel dazu, schrieb er bereits für Wirtschaftsmedien, unterrichtete als Handelslehrer und vertiefte sein Wissen in der Bankpraxis. Heute führt er eine Agentur für klare Kommunikation – und freut sich, wenn sich auch die Finanzbranche damit anfreunden kann.

Finanzen Stephan Lehmann-Maldonado
Stephan Lehmann-Maldonado schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Finanzen. - zVg

Kommentare

User #4724 (nicht angemeldet)

Aktien sind für Alle Menschen möglich zum handeln es braucht ein paar Infos über Firmen und ein einschätzen der Wirtschaftslage und auch Glück.An den Fortschritt glauben vorausdenken. Ich glaube nicht das eine Maschine das kann.

User #6197 (nicht angemeldet)

Indem man nicht in Aktien, sondern in Gold investiert und dafür Kredite in Wackelwährungen wie türkische Lira, ägyptisches Pfund oder argentinischer Peso auf nimmt. Da ist so viel Inflation gegen den Franken und insbesondere gegen Gold, dass sich die Kredite von selbst tilgen. Trotz hoher Zinsen.

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