Dorfleben: Das grösste Dorf der Schweiz
Der Titel des grössten Dorfs der Schweiz hängt davon ab, welche Massstäbe zur Beurteilung herangezogen werden: Einwohnerzahl oder Fläche im Dorfleben.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei den Einwohnern ist Wettingen AG seit Jahren führend.
- Das flächenmässig grösste Dorf der Schweiz ist Scuol GR.
Bis 2014 gab es keine eindeutige Definition des Begriffs Dorf. Dann führte das Bundesamt für Statistik eine offizielle Definition für die Stadt fest: Als Stadt darf sich bezeichnen, was eine Kernzone mit mindestens 12'000 EBL (Einwohner, Beschäftige, Logiernächte) bietet.
Köniz BE als grösste Gemeinde der Schweiz
Viele Schweizer Gemeinden bestehen jedoch aus mehreren kleineren Ansiedlungen, die vom klassischen Dorfleben geprägt sind.
Grösstes Dorf nach Einwohnern ist danach die Gemeinde Köniz BE.
In dieser leben zwar 42'816 Einwohner (Stand 2021), doch das grösste Dorf Wabern hat lediglich 8024 Einwohner. Damit fehlt die definierende Kernzone, die für den Aufstieg zur Stadt erforderlich wäre. Die einzelnen Dörfer liegen wiederum im Mittelfeld.
Wettingen AG als grösstes Dorf der Schweiz
Wettingen im Aargau pflegt seit Jahren seinen Status als grösstes Dorf der Schweiz. Das sogenannte Dorf erlebte ab Ende der 60er-Jahre einen Bauboom, als sich neue Unternehmen im benachbarten Baden ansiedelten.
Doch obwohl Wettingen schon früher mit über 20'000 Einwohnern als Stadt galt, lehnten die Einwohner eine offizielle Änderung ab. So bleibt es seither beim Titel des grössten Dorfes der Schweiz.
Nicht ganz zu Unrecht, denn das klassische Dorfleben wird hier noch immer gepflegt.
Natürlich gibt es auch Gemeinden wie Emmenbrücke in Emme, die deutlich mehr Einwohner als Wettingen aufweisen. Jedoch wird dort der Begriff «Dorf» nicht oft verwendet, sondern von der Stadt oder der Gemeinde gesprochen.
Mit Reform zum grössten Dorf der Schweiz
Scuol GR im Unterengadin ist eigentlich ein beschauliches Bergdorf. 2015 fusionierte es mit den fünf Nachbarn Ardez GR, Ftan GR, Guarda GR, Sent GR und Tarasp GR. Seitdem darf es sich nun flächenmässig grösste Gemeinde der Schweiz nennen.
Die neue Gemeinde profitiert vom Sommer- und Wintertourismus mit dem eigenen Skigebiet Motta Naluns und dem Schweizer Nationalpark. Die rund 20 Mineralwasserquellen und das Heilbad Bogn Engiadina Scuol locken ganzjährig Bädertouristen an.
Wichtig war der Gemeinde, dass trotz Fusion Bräuche und Traditionen bestehen bleiben. Auf der Webseite schreibt die Gemeinde: «Die Erfahrung nach der Fusion zeigt, dass die Bräuche in den einzelnen Fraktionen nach wie vor gepflegt werden.»
Dorfleben: Städte, Gemeinden und Dörfer
An diesen Statistiken lässt sich jedoch ein grosser Unterschied ablesen: Eine Gemeinde, die aus mehreren Dörfern besteht, ist natürlich kein einzelnes Dorf mit entsprechender Einwohnerzahl. Laut Statistik gibt es zahlreiche Gemeinden, die wie Wettingen bewusst auf die Bezeichnung als Stadt verzichten.
Dazu kommen umgekehrt Städte, die unterhalb der Definitionsgrenze von 12'000 Einwohnern liegen, aber das historische Stadtrecht besitzen. Diese nennen sich dann gerne mal Städtli oder Stedtli.
Die kleinsten Städte der Schweiz liegen bei den Einwohnerzahlen weit unter denen der grössten Dörfer.
Um den Titel streiten sich Fürstenau in Graubünden (350 Einwohner) und Werdenberg in St.Gallen (60 Einwohner), die beide im Mittelalter als Stadtrecht erhielten. Für Besucher bieten die hübschen Dörfer und ihr Dorfleben heute eine gute Gelegenheit, in die Vergangenheit abzutauchen.