Dorfleben

Dorfleben: Walliser Bergdorf rettet Schule dank Anlock-Prämie

Riccardo Schmidlin
Riccardo Schmidlin

Oberwallis,

Um das Dorfleben zu retten, setzen mehrere Schweizer Dörfer auf eine Prämie für Zuzügler. Die Massnahme zeigt Erfolg.

Zeneggen Dorfleben
Das Walliser Bergdorf Zeneggen zahlte viermal eine Prämie für Zuzügler-Familien mit Schulkindern aus. (Archivbild) - Wikimedia/Daniel Reust (CC BY-SA 4.0)

Das Wichtigste in Kürze

  • Albinen VS lockt Zuzügler mit 25'000 Franken Prämie pro Familie.
  • Zeneggen VS zahlt zudem Familien 3934 Franken pro Kind, um Dorfschule zu retten.
  • Die Aktionen zeigen Erfolge – das Dorfleben im Oberwallis kann aufatmen.

Geld soll das Dorfleben wieder attraktiv machen!

Während vor hundert Jahren nur ein Drittel der Schweizerinnen und Schweizer im städtischen Umfeld lebte, sind es heute drei Viertel. Abgelegene Dörfer, besonders in den Bergen, drohen deshalb sogar auszusterben.

Um das zu verhindern, hat das Dorf Albinen im Kanton Wallis 2017 eine ungewöhnliche Aktion gestartet. Wer sich entscheidet, ins idyllische Dorf im Naturpark Pfyn-Finges zu ziehen, kriegt eine Prämie von 25‘000 Franken. Pro Kind gibt es 10‘000 Franken extra.

Wohnst du städtisch oder ländlich?

Der Clou: Mindestens zehn Jahre lang muss man das Dorfleben in Albinen führen – und in einen Hauskauf oder Neubau investieren.

Die Aktion sorgte auf der ganzen Welt für Schlagzeilen.

Mit Erfolg: «Tausende» Anfragen gab es seit der Einführung der Prämie, wie Gemeindepräsident Lukas Grand gegenüber Nau.ch erzählt.

Dorfleben zahlt sich aus – 20 Parteien erhalten Prämie

Berücksichtigt werden konnte allerdings nur eine Minderheit. Denn: Laut Reglement wurde der Wohnbauförderungsbeitrag, wie er im Fachjargon heisst, nur an Zuzügler aus dem Inland ausbezahlt. Insgesamt 20 Anfragen erfüllten die strengen Kriterien von Albinen.

Genauere Angaben kann Grand (noch) nicht machen. Derzeit werden die Daten nämlich noch ausgewertet, da es im Sommer zu einer Änderung bei der Wohnbauförderung kommt. Es bleibt also spannend …

Nur so viel: Eine Familie und eine Einzelperson mussten die Prämie bereits zurückbezahlen.

Zeneggen kann Schule dank Prämie retten

An Albinen nahmen sich auch andere Dörfer ein Vorbild. So etwa Zeneggen VS in der Nähe von Visp.

Mit 3934 Franken pro Kind – so lautet die Postleizahl von Zeneggen – wollte die Gemeinden gezielt Familien anlocken. Ohne Zuzug drohte nämlich das Aus der Dorfschule!

Die Schulschliessung konnte vorerst abgewandt werden, wie Gemeindepräsident Patrick Zehner gegenüber Nau.ch verrät.

«Wir haben insgesamt viermal die Prämie zugesprochen. Zwei der vier kamen aus dem Inland, zwei aus dem Ausland nach Zeneggen.»

Das Geld hat das Dorfleben attraktiv gemacht – allerdings nicht allein.

Dorfleben kann auch von Lonza-Boom profitieren

Seit der Einführung der Prämie im Jahr 2021 sind nämlich noch sieben weitere Familien mit schulpflichtigen Kindern hingezogen. Ganz ohne Geldausschüttung. Insgesamt stieg die Einwohnerzahl von 300 auf aktuell 360.

Die Gründe: «Der Lonza-Boom und die grösser gewordenen Schwierigkeiten, Wohnungen im Talgrund zu finden.»

Das Pharma-Unternehmen Lonza hat einen Produktionsstandort in Visp. Nicht einmal 20 Autominuten von Zeneggen entfernt.

Lonza Dorfleben
Bringt das Dorfleben in Schwung: Die Lonza VS liegt nur einen Katzensprung von Zeneggen entfernt. - keystone

Dazu kommt: «Die Naturnähe und unsere kleine Schule machen die Gemeinde für junge Familien durchaus attraktiv», sagt Zehner. Zwei Gebäude in einer Wohnüberbauung konnten kürzlich bezugsbereit gemacht werden.

Doch auch der Kanton half mit, die Dorfschule zu retten. Indem er der Gemeinde ein Jahr länger Zeit gab, die nötige Schülerzahl vorweisen zu können.

Im Schuljahr 2021/2022 zählte die Schule nämlich nur noch 16 Schülerinnen und Schüler – zu wenig.

Zeneggen kann Dorfschule sogar ausbauen

«Seither ist die Schule weiter gewachsen», sagt der Gemeindepräsident. «Im aktuellen Schuljahr 2024/2025 haben wir 26 Schulkinder, dies dürfte im Jahr 2027/2028 auf 33 Kinder anwachsen. Mit der Dorfschule sieht es derzeit also sehr gut aus.»

Weil die Schülerzahl stieg, kann Zeneggen neu sogar den Kindergarten separat anbieten und hat nun eine dreistufige Dorfschule.

Hast du gute Erinnerungen an deine Schulzeit?

Für die nähere Zukunft seien die Schülerzahlen zwar erfolgversprechend.

«Als Gemeinde sind wir uns allerdings bewusst, dass es bei den Schülerzahlen auch wieder eine Baisse geben kann. Wir beobachten also die Situation und Entwicklung der Schülerzahlen weiterhin sehr genau», erklärt Zehner.

St. Galler Dorf hüllt sich in Schweigen

Auch in Quinten SG wurde Anfang 2020 eine Prämie für Familien mit Kindern eingeführt. Allerdings nicht von der Gemeinde selbst, sondern von der Stiftung «Quinten lebt».

Wie erfolgreich die Aktion gegen das Dorfsterben dort ist, bleibt ungewiss. Die Stiftung teilt lediglich mit: «Wir sind nicht an einem Medienbericht interessiert.»

Dorf Quinten
Das Dorf Quinten im Kanton St.Gallen wollte mehr Familien anlocken. - Depositphotos

Wie die SRF-Sendung «Schweiz aktuell» im Juni 2020 berichtete, zeigte die Prämie zumindest innerhalb der ersten sechs Monate keinen Erfolg.

Ein möglicher Grund dafür: Quinten ist nur per Schiff oder zu Fuss erreichbar, eine Strasse für Autos gibt es nicht.

Kommentare

User #6521 (nicht angemeldet)

Die Infrastruktur muss natürlich stimmen, sonst sind die Leute wieder schnell weg. LOL.

User #2688 (nicht angemeldet)

Lieber Albinen statt Alb... äh ich meinte Zürich.

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