Rohstoffe für die Energiewende
Systeme zur Nutzung von erneuerbaren Energien brauchen Rohstoffe für ihre Produktion. Für eine sichere Energiewende gilt es, diesen Rohstoffbedarf zu decken.
Das Wichtigste in Kürze
- Windturbinen oder Solaranlagen machen erneuerbare Energien für den Menschen nutzbar.
- Für den Bau dieser Infrastrukturen werden sogenannte kritische Mineralien benötigt.
- Auch Stromnetze und Elektrofahrzeuge sind auf diese Rohstoffe angewiesen.
- Eine Knappheit könnte zu einer Verlangsamung des technologischen Fortschritts führen.
Sonne, Wasser, Wind: Um den Klimawandel zu verlangsamen, wird immer mehr auf erneuerbare Energien gesetzt. Eine Herausforderung besteht hierbei jedoch darin, dass die zu diesem Zweck benötigten Systeme viel stärker von kritischen Rohstoffen abhängig sind als jene, die mit herkömmlichen fossilen Brennstoffen betrieben werden.
Die EU bezeichnet kritische Rohstoffe als «Rohstoffe von grosser wirtschaftlicher Bedeutung [...]» bei denen «aufgrund der Konzentration der Bezugsquellen und des Mangels an guten, erschwinglichen Ersatzstoffen ein hohes Risiko von Versorgungsunterbrechungen besteht.» Zu den kritischen Rohstoffen zählt die EU unter anderem Kupfer, Kobalt, Nickel, Aluminium sowie Kokskohle. Letztere wird für die Herstellung von Stahl benötigt.
Eine Solaranlage beispielsweise benötigt etwa sechsmal und eine Offshore-Windkraftanlage gar dreizehnmal mehr kritische Mineralien als ein mit Erdgas betriebenes Kraftwerk (pro Megawatt installierter Stromkapazität). Dies geht aus dem World Energy Outlook Special Report 2022 der Internationalen Energieagentur (IEA) hervor. Im selben Bericht hält die IEA fest, dass eine Umstellung unserer Elektrizitätssysteme unweigerlich mit einer steigenden Nachfrage nach diesen kritischen Mineralien einhergehen wird. Diese gelte es zu decken, um eine schnelle und sichere Energiewende zu ermöglichen.
Nachfrage nach E-Autos hat sich in der Schweiz vervielfacht
Der technologische Fortschritt macht sich im Energiebereich auch in der Schweiz bemerkbar. Seit 1990 sei der Anteil an erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch um über zehn Prozent gestiegen, wie das EDA schreibt. Dabei steht die Energieumwandlung von Energieträgern wie Wasserkraft, Holz, Sonne oder Umweltwärme in Elektrizität und Fernwärme im Vordergrund.
Um Emissionen einzusparen, setzen in der Schweiz zudem immer mehr Menschen auf Elektroautos. 2023 waren gemäss Bundesamt für Statistik über 155'000 Elektroautos registriert. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 waren es 754.
Auch diese Entwicklung geht mit einer steigenden Nachfrage nach Rohstoffen wie Kupfer, Kobalt, Lithium oder Nickel einher. So benötigt ein Elektroauto gemäss der IEA nämlich durchschnittlich rund sechsmal mehr mineralische Rohstoffe als ein herkömmliches Auto mit Verbrennungsmotor.
Nachfrage nach kritischen Rohstoffen steigt
Der Bedarf an mineralischen Rohstoffen für Elektrofahrzeuge und Batteriespeicher steigt massiv an. Gemäss Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) wird dieser bis 2040 um mindestens das 30-fache steigen. Spitzenreiter ist hierbei Lithium mit einem über 40-fachen Anstieg.
Ebenfalls im Fokus sind Graphit, Kobalt und Nickel, bei welchen sich im selben Zeitraum ein 20- bis 25-faches Wachstum abzeichnet, während der Ausbau von Stromnetzen die Kupfernachfrage für Stromleitungen mehr als verdoppeln wird.
Herausforderungen für eine ausreichende Rohstoffversorgung
Die nachhaltige Versorgung mit Mineralien, die für saubere Energietechnologien benötigt werden, ist ein wichtiger Knackpunkt, der auch Fragen hinsichtlich des zuverlässigen Zugangs und Preisstabilität, mit sich ziehe, so die IEA.
Als bedeutende Schwachstelle wird die geografische Konzentration der Produktions- und Verarbeitungsbetriebe kritischer Rohstoffe identifiziert. Denn die Abhängigkeit von einigen wenigen Regionen macht die Lieferkette instabil. So können einzelne lokale Ereignisse in wichtigen Förderländern, wie beispielsweise Überschwemmungen, Arbeitsstreiks oder Ausfuhrverbote, grosse Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Mineralien und damit auf die Preise haben.
Eine weitere Herausforderung stellen die langen Entwicklungszeiten von Bergbauprojekten dar. Gemäss einer Studie des Finanzinformationsdienstleisters S&P Global vergehen vom Zeitpunkt der Entdeckung einer Lagerstätte bis zum Produktionsbeginn durchschnittlich 15,7 Jahre (wobei die Spanne zwischen etwa sechs und 32 Jahren liegt – je nach Mineral, Standort und Minentyp). Solch lange Vorlaufzeiten erhöhen gemäss der IEA das Risiko eines zeitlichen Missverhältnisses zwischen der Nachfrage nach Rohstoffen und der Inbetriebnahme neuer Erschliessungsprojekte.
Probleme hinsichtlich der Qualität der Ressourcen verschärfen die Lage. Der Rückgang der Erzqualität führt zu gestiegenen Produktionskosten, höherer Abfallerzeugung und einem erhöhten Energiebedarf für die Förderung, was wiederum Bedenken zur ökologischen Nachhaltigkeit anfeuert.
Die zunehmenden Anforderungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) beeinflussen Kosten und Versorgungsdynamik ebenfalls, insbesondere in Regionen mit niedrigen Governance-Standards.
Klimabedingte Risiken wie Dürren und extreme Wetterereignisse erhöhen die Komplexität zusätzlich, insbesondere für Rohstoffe, deren Produktion sehr wasserintensiv ist.
Knappheit der Rohstoffe kann Fortschritt verlangsamen
Fatih Birol, der Direktor der IEA, sieht klare Szenarien dafür, wenn das Problem einer möglichen Knappheit dieser Rohstoffe nicht angegangen wird. «Bleiben diese potenziellen Schwachstellen unbehandelt, könnten sie den globalen Fortschritt hin zu einer sauberen Energiezukunft verlangsamen und verteuern», so Birol. Dadurch würden internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels behindert.
Um den Herausforderungen zu begegnen, wurden auf dem IEA-Gipfel zu kritischen Rohstoffen und sauberer Energie im September 2023 Massnahmen zur Stärkung einer sicheren und nachhaltigen Versorgung mit kritischen Rohstoffen identifiziert.
Die erarbeiteten Massnahmen zielen darauf ab, eine zuverlässige, nachhaltige und sichere Versorgung mit mineralischen Rohstoffen für saubere Energietechnologien zu gewährleisten und gleichzeitig geopolitische, Umwelt- und Entwicklungsprobleme zu mildern.