Tierschutz: Darum sollten Tiere nicht vermenschlicht werden
Chihuahuas in der Handtasche, Katzen in Kleidung: Immer häufiger wird der Tierschutz vernachlässigt, weil Besitzer ihre Haustiere als Accessoires betrachten.
Das Wichtigste in Kürze
- Statistiken zufolge geben Tierhalter in der Schweiz 1,5 Milliarden Franken pro Jahr aus.
- Tierpsychologen erleben immer mehr verhaltensgestörte Haustiere.
Die Schweizerinnen und Schweizer sind ein Volk von Tierliebhabern. Zusammengefasst auf Statista ersichtlich, leben etwa 1,85 Millionen Katzen im Land, eine halbe Million Hunde und Hunderttausende andere Kleintiere.
Dies lassen sich die Menschen etwas kosten: laut dem «St. Galler Tagblatt» 1,5 Milliarden Franken im Jahr. Bei Hunden können es pro Haushalt bis zu 2000 Franken im Jahr sein, bei Katzen immerhin bis zu 1300 Franken.
Tierschutz: Tiere als Accessoires im Trend
Bei diesen Zahlen sollte man meinen, dass es den Schweizer Haustieren gut geht. Doch häufig ist das Gegenteil der Fall und der Tierschutz wird immer häufiger vernachlässigt. Vor allem geht der Trend dazu, Haustiere als Accessoires zu behandeln und zu vermenschlichen.
Singles etwa holen sich einen Hund oder eine Katze als Partnerersatz ins Haus. Paare ziehen ein Haustier einem eigenen Kind vor.
Oft genug wird das Haustier dann in eine menschliche Rolle gedrängt: Es wird ständig gekuschelt, geherzt und verhätschelt – auch wenn dies gar nicht seinem Naturell entspricht.
So leiden die Tiere still darunter, dass sie ihr eigentliches Wesen nicht ausleben können, und reagieren schliesslich mit psychologischen Störungen.
Social-Media-Portale haben den Trend befeuert. Tiere in scheinbar witzige Kleidung zu stecken und sie in menschlichen Posen zu fotografieren und zu filmen. Allerdings haben nur die Menschen Freude daran.
Hunde und Katzen werden dagegen in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und können sich sogar verletzen. Die einzige Ausnahme sind wärmende Mäntelchen für bestimmte Hunderassen im Winter.
Wenn Menschen ihre Tiere krank machen
Die Vermenschlichung der Tiere kann ausserdem für beide Seiten negative gesundheitliche Folgen haben.
So berichtete der Tierpathologe Achim Gruber in einem Interview mit dem «St. Galler Tagblatt» über den Todeskuss eines kleinen Mädchens: Es hatte sein Chinchilla regelmässig geküsst und so Herpesviren übertragen, die für das Tier tödlich waren.
Nicht immer muss die Tierliebe tödlich ausgehen. Ein anderes Problem, das Tierpsychologen immer häufiger beobachten, ist die Ernährung. Immer mehr Menschen ernähren sich aus ethischen Gründen vegetarisch oder vegan.
Manche ernähren dann auch ihren Hund oder ihre Katze fleischlos – obwohl beide Karnivoren sind. Gerade bei Katzen kommt es schnell zu Mangelerscheinungen, wenn sie nicht artgerecht ernährt werden.
Umgekehrt können Tiere aber auch ihre Menschen krank machen: Schläft der Hund im Bett, können Parasiten aus seinem Fell auf den Menschen wandern. Auch intensives Streicheln und Kuscheln können zu derartigen Übertragungen führen.
Besonders riskant wird es, wenn das Streicheln abends auf der Couch mit dem Verzehr von Knabbereien kombiniert wird. Dann gelangen die Parasiten über Finger und Mund in den menschlichen Körper.
Tierschutz: Übertriebene Tierliebe kann zu Qualzucht führen
Der Drang zur Vermenschlichung der Haustiere hat in den letzten Jahren auch Qualzucht hervorgebracht, die dem Tierschutz zuwiderläuft.
Besonders betroffen sind Hunderassen wie Mops und Bulldogge, denen niedliche Kindergesichter mit Kulleraugen und Stupsnase angezüchtet wurden.
Allerdings leiden diese sogenannten brachyzephalen (kurzköpfigen) Rassen unter häufigen Erkrankungen und permanenten Einschränkungen. Die zu kurze Nase führt beispielsweise zu Atembeschwerden und der verkürzte Schädel zu Augenproblemen.
Jeder Einzelne kann dazu beitragen, das Leid dieser Rassen zu verringern, indem auf den Kauf von Zuchttypen verzichtet wird.
Wer zweifelt, der kann sich von einem Tierarzt oder dem Tierschutz beim Kauf gesunder Rassen beraten lassen.