Tinder-Serie: «Er lässt mich warten – und verhält sich daneben!»
Die Bernerin Tina* ist neu auf der Dating-Plattform von Tinder. Die 25-Jährige berichtet über ihre Dates. Heute strapaziert Karl* ihre Geduld.
Das Wichtigste in Kürze
- Tina* ist 25 Jahre alt und seit Kurzem wieder Single.
- In der sechsten Folge konnte Benno* ihr die Freiheit zurückgeben.
- Tinder-Mann Karl strapaziert heute Tinas Geduld.
In Folge 6 baggerte Benno* so lange, bis er mich um den Finger gewickelt hatte. Ein ganz schön ausdauernder Kerl. Gelohnt hat sich das für mich allemal. Da ich neben Tinder noch etwas anderes ausprobieren will, wage ich einen Ausflug in die Welt von Bumble.
Frau muss ran
Im Grundsatz funktioniert die Dating-App ähnlich wie Tinder – mit demselben Prinzip des «Likes» und dem «Match» im Falle einer Übereinstimmung. Einen grossen Unterschied gibt es allerdings: Nur die Frau kann einen Typen anschreiben. Meine Initiative ist gefragt! Nun muss ich kreativ mit guten Icebreakern auftrumpfen. Karl ist einer meiner ersten Bumble-Matches.
16 Uhr: Ich schicke meine erste Nachricht an Karl. In seiner Bio profiliert er sich mit einem einwandfreien Strafregister. Ein optimaler Anhaltspunkt für meine erste Nachricht an ihn. Während ich mir mit Arbeitskollegen einen Glühwein gönne, schreibt Karl ab und an zurück.
19 Uhr: Als ich auf dem Nachhauseweg bin, schreibt Karl plötzlich. «Wollen wir uns heute Abend noch treffen?» Klar, wieso nicht?! Vielleicht sind Bumble-Männer ja vielversprechender als jene von Tinder. Karl meint, dass er um 20.20 Uhr beim Bahnhof in Bern sein kann. Wohnen tut er in Aarau. Also muss ich mir eine Stunde um die Ohren schlagen.
Ich sitze im Wartesaal am Bahnhof in Bern und schlendere ab und zu umher. Mir fällt auf, dass ich einen langen Arbeitstag in den Knochen habe. Auch meine Kleider sind für ein Date unpassend. Beim Anziehen frühmorgens verschwendete ich keinen Gedanken an ein spontanes Date.
Nur Adonis kann helfen
20.10 Uhr: «Mein Zug steckt fest», schreibt mir Karl. Wir haben inzwischen auf Whatsapp gewechselt. «Kann passieren», antworte ich. Weitere zwanzig Minuten verstreichen ohne ein Lebenszeichen von Karl. «Bist du sicher, dass du wirklich nach Bern kommen willst?», erkundige ich mich.
20.46 Uhr: «Mein Zug fährt jetzt rückwärts. Bin um 21.30 Uhr in Bern. Oder hast du einen anderen Vorschlag?» Sein Ernst? Ich warte seit fast zwei Stunden auf ihn und er fragt mich, ob ich eine andere Idee hätte? Das Blut rauscht in meinen Ohren, ich habe Mühe mich zu beherrschen.
Langsam denke ich, dass Karl mich verarschen will. Erstaunen würde es mich nicht. Ich nehme meinen liebsten pessimistischen Grundsatz zu Hilfe: Geh vom Schlimmsten aus, dann kannst du nur positiv überrascht werden. Da ich kurz vor dem Erfrierungs-Tod stehe, setze ich mich mit einem warmen Kaffee ins Tibits.
21.10 Uhr: «Bin gerade angekommen», schreibt Karl. Na endlich! Ich trete nach draussen und schaue zur Rolltreppe. Ich bin kurz vor einem Wutausbruch, weil er so viel Verspätung hat. Nicht einmal ein Adonis hätte meinen Ärger lindern können. Und Karl ist kein Adonis!
Selbstgefällig redet Karl die erste Viertelstunde nur von sich selbst. Ein knappes «Sorry» ist alles, was er zu seiner Verteidigung vorbringen kann. Wir setzen uns in eine Bar, ich bestelle mir ein Bier und er sich einen Glühwein. Karl strotzt nur so vor Selbstverliebtheit. Irgendwie schmierig.
Ab ins Tinder-Grab
«Was suchst du denn genau?», will der Kotzbrocken von mir wissen. Ich packe meine Standard-Antwort auf den Tisch: «Ich nehme es so, wie's kommt». Karl für seinen Teil ist nicht auf der Suche nach etwas Festem. Sein Ernst? Er kommt von Aarau nach Bern, nur damit er mich flachlegen kann?
Der Kellner stösst zu uns und kündigt die letzte Runde an. Sperrstunde sei Dank! Ich habe mehr als genug von Karl und der ganzen Farce hier. «Können wir hier sonst noch irgendwo was trinken gehen», will Karl wissen. Selbst wenn ich die kommenden drei Wochen Urlaub hätte, würde ich mich mit ihm nicht in ein anderes Lokal setzen. Zudem muss ich morgen früh raus.
23 Uhr: Ich verabschiede mich von Karl und bin sicher, dass wir uns nie wieder hören oder sehen werden. Die fehlende Sympathie steht wie eine schützende Plexiglaswand zwischen uns.
Am nächsten Tag dann der Schock: «Danke für deine Geduld gestern. Von mir aus können wieder was unternehmen», schreibt Karl. Zum Teufel mit dir, Kotzbrocken! Und so verschwindet unser Chatverlauf im Bumble/Tinder-Grab, wie ich es liebevoll nenne. Es ist der Whatsapp-Ordner mit den archivierten Chats. Dort häufen sich mittlerweile die Namen. Sie alle tragen ein «T» für Tinder und neu jetzt ein «B» für Bumble hinter ihrem richtigen Namen. Auf Nie-Mehr-Wiedersehen!
Karl, so geht das nicht. Zuerst die Verspätung und dann dein selbstverliebtes Gelaber. «Ciao, adios, I'm done», wie Sängerin Anne-Marie sagen würde.
Wie Tobi* mich sofort vom Hocker haut, erfahrt ihr morgen in Folge 8. Selbe Zeit, selber Ort.