Der lange Marsch der Krabben von Christmas Island
Die Weihnachtsinsel wird von Millionen leuchtend roter Krabben bewohnt. Sie haben bei ihrem alljährlichen Weg ans Meer nur ein Ziel vor Augen: Sex on the Beach.
Das Wichtigste in Kürze
- Auf der Weihnachtsinsel führen Millionen von Krabben jährlich ihre Paarungsrituale durch.
- Sie wandern bis ans Meer, um sich dort zu paaren und ihre Eier im Meer abzulegen.
Alle Jahre wieder kommt es auf der kleinen Insel Christmas Island im Indischen Ozean zu einem einzigartigen Naturschauspiel. Wenn die Regenzeit beginnt, wie jetzt gerade, setzen sich in den Wäldern der Weihnachtsinsel viele Millionen knallroter Krabben zu einem langen Marsch in Bewegung. Ihr Ziel: das Meer. Dort machen sich die Männchen mit Salzwasser frisch und geben sich dann einem etwas merkwürdigen Paarungsverhalten hin. Auf dass nächstes Jahr das Schauspiel wieder beginnt.
Die Wanderung der Weihnachtsinsel-Krabbe (Gecarcoidea natalis) – so der wissenschaftliche Name – ist inzwischen ein Touristenspektakel. Krabben sind auf Christmas Island aber deutlich in der Überzahl. Hier leben gerade einmal 1350 Menschen. Die Zahl der Weihnachtsinsel-Krabben hingegen wird auf 45 bis 80 Millionen geschätzt. Genau weiss das niemand. Der Krabben-Experte Peter Green von der La Trobe University in Melbourne sagt: «Das sind so viele, dass sie das Ökosystem der Insel dominieren.» Zwei Drittel der Insel, dichter Regenwald, stehen unter Naturschutz.
Auslöser unbekannt
Wer und was den Anstoss gibt, damit sich die roten Krabben wie auf Kommando in Bewegung setzen, haben die Forscher noch nicht herausgefunden. Man weiss aber, dass es richtig regnen und der Boden sehr nass sein muss. In der Regel geht ein erfahrenes Männchen voran. «Die folgen einfach ihrem Instinkt», sagt Nationalpark-Ranger Rob Muller. «Das machen die seit Millionen Jahren so und haben es zur Perfektion gebracht.»
Auf ihrem Weg lassen sich die tellergrossen Krebstiere von natürlichen Hindernissen nicht aufhalten. Mit ihren Gliedmassen überwinden sie Wurzeln ebenso wie Felswände und Hausmauern. Gelaufen wird nur tagsüber. Für den Weg aus den Wäldern zum Meer brauchen sie mehrere Tage.
Paarungsritual am Meer
Wenn die Landkrabben am Meer angekommen sind, bespritzen sie sich zunächst einmal mit Wasser. Dann buddeln die Männchen Höhlen für die Paarung, die sie gegen Rivalen verteidigen. «Das ist der einzige Moment, in dem sie ein bisschen aggressiv werden können», sagt Green. Die Weibchen kommen meist etwas später. Wenn sich zwei gefunden haben, findet in der Höhle die Paarung statt: Sex on the Beach.
Anschliessend wandern die Männchen wieder in den Wald zurück. Die Weibchen ziehen nach einiger Zeit ans Meer und überlassen die befruchteten Eier dem Wasser. «Manchmal kommen enorme Mengen an Babykrabben zurück, aber nicht immer.», sagt Green.
Wer übrig bleibt macht sich jedenfalls auf dem Weg der Vorfahren zurück, nur in entgegengesetzter Richtung. So geht das auf Christmas Island seit Millionen Jahren. Nächstes Jahr wieder.