Netflix hat The Dirt in einen formelhaften Musikfilm verwandelt

Robin Mahler
Robin Mahler

USA,

Drogen, laute Musik und viele Ausschweifungen. Im Netflix-Film «The Dirt» wird die lebhafte Geschichte der Rockband Mötley Crüe wenig originell geschildert.

Netflix «The Dirt»
Im Netflix-Film «The Dirt» wird die Geschichte der Rockband Mötley Crüe erzählt. - Netflix

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Netflix-Film «The Dirt» zeichnet den Weg von Mötley Crüe nach.
  • Die aufgetakelte Gruppe landete in den 1980er-Jahren einige Hits und sorgte für Aufruhr.
  • Die Buchumsetzung folgt der gleichnamigen Vorlage.

Chorknaben waren die vier amerikanischen Jungs von Mötley Crüe keineswegs. Bereits der Anfang von «The Dirt» liefert mit einer ausschweifenden Fete den Beweis dafür. Der Netflix-Film von Jeff Tremaine, dem Mitschöpfer des MTV-Gassenhauers «Jackass», zeigt ausgiebig die Exzesse des Rock 'n'Roll-Zirkus.

Trotz aller Eskalation fühlt sich das Endresultat wie ein platter Reifen an. Inhaltlich wird der vielfach benutzte Standard-Aufbau eines Musikfilms bedient. Die schweren Anfänge mit ersten Gehversuchen, Konzerten und einem kometenhaften Aufstieg werden kompakt geschildert. Zwar erfährt man einige Details über die Herkunft der einzelnen Mitglieder, nahe kommt man den Musikern oder ihrem Umfeld selten.

Optik wird über handwerkliches Können gestellt

Der Bassist Nikki Sixx (Douglas Booth) gründet mit dem energiegeladenen Schlagzeuger Tommy Lee (Colson Baker) eine Band. Bald kommen der nebulöse Gitarrist Mick Mars (Iwan Rheon) und Sänger Vince Neil (Daniel Webber) dazu.

Im Falle von Mötley Crüe gerät die Musik oft zum Beiwerk. Der bunte Haufen fällt mehr durch eine «alles egal»-Attitüde statt technische Finesse auf. Dazu kommt, dass ihr feminines Aussehen mit engen Spandex-Hosen, einer Menge Haarspray und Schminke für Furore gesorgt hat. Diese Optik prägte den sogenannten Hair-Metal mit Truppen wie Mötley Crüe, Bon Jovi, Poison und Cinderella.

Netflix Mötley Crüe
So sieht der zusammengeworfene Haufen bei der Hollywood-Premiere des Netflix-Films aus. - Keystone

Die Schauspieler besitzen wenig Ähnlichkeit zu ihren realen Vorbildern, machen ihre Arbeit trotzdem gut. Die Struktur des Buches «The Dirt» wird befolgt. Jedes Mitglied kommentiert aus dem Off die Lebensabschnitte. Dabei kommen die schmutzigen Seiten der Band-Geschichte nicht zu kurz.

Netflix springt in die Bresche

Das ist detailgetreu, da im gleichnamigen Buch alle Musiker ihre Erinnerungen teilen.

Der Schmöker avancierte zum Erfolg, galt allerdings lange als ungeeignetes Material für einen Spielfilm. Nach einigen Besetzungswechseln wurde mit Netflix dennoch eine Vertriebsplattform gefunden.

Fazit

«The Dirt» zielt mit der Treue zur Vorlage in erster Linie auf die Mötley Crüe–Anhänger ab. Der Soundtrack bedient die Zielgruppe mit den bekanntesten Liedern der Truppe.

Ein arges Versäumnis des Netflix-Films ist, dass er die Faszination für die Musik und deren Hintergründe links liegen lässt. Inhaltlich schlägt der Film trotz expliziten Szenen die ausgeleierten Töne einer beliebigen Musikbiografie an. Fans dürfte diese Beliebigkeit kaum stören.

Der visuelle Stil fällt unspektakulär aus und erinnert an den ebenfalls glatt gebügelten «Bohemian Rhapsody». Insgesamt ist «The Dirt» ein weiterer Musikfilm nach bewährter Formel.

★★☆☆☆

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