100 Tage Joe Biden: «Pandemiebekämpfung sticht klar heraus»

Philipp Kobel
Philipp Kobel

Stadt St. Gallen,

Am Freitag ist Joe Biden seit exakt 100 Tagen mächtigste Person der Welt. Amerikanistin Claudia Brühwiler beurteilt die erste Phase in Bidens Amtszeit.

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Joe Biden hält eine Rede im US-Kongress. - AP Pool The Washington Post

Das Wichtigste in Kürze

  • Am 20. Januar 2021 wurde Joe Biden als 46. US-Präsident vereidigt.
  • Am 30. April 2021 ist Biden genau 100 Tage im Amt.
  • Amerikanistin Claudia Brühwiler beurteilt für Nau.ch Bidens bisherige Leistung.

Nau.ch: Frau Brühwiler, wie beurteilen Sie die ersten 100 Tage von US-Präsident Joe Biden?

Claudia Brühwiler: Präsident Biden hat sein Amt unter äusserst schwierigen Umständen antreten müssen. Inmitten einer globalen Pandemie, einer wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Krisensituation.

Er hat sich zudem sehr ehrgeizige Ziele gesetzt. Viele davon hat er erreichen, manche sogar übertreffen können. Entsprechend wird er eine positive Bilanz ziehen.

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Joe Biden gratuliert seiner Vize-Präsidentin Kamala Harris am 20. Januar 2021 zu deren Vereidigung. - AP

Nau.ch: In welchen Themen hat er die Erwartungen übertroffen und wo hat er sie nicht erfüllt?

Claudia Brühwiler: Die Pandemiebekämpfung sticht klar heraus: Die Impfziele wurden schnell übertroffen und noch ehrgeiziger gesteckt. Das Vertrauen der Bevölkerung in das Pandemiemanagement ist wesentlich grösser als im vergangenen Jahr. Mit der Rückkehr in die WHO ist die USA auch wieder international Teil der Lösung.

Auch in vielen anderen Bereichen hat Biden seine Versprechen eingehalten. Wir denken etwa an das 1,9-Billionen-Dollar-Paket für die Überwindung der Krise, die Organisation des Klimagipfels. Und seine konstruktive Haltung gegenüber der internationalen Staatengemeinschaft.

«Insgesamt ist das Überraschendste, wie wenig er uns negativ überrascht»

Im Bereich der Rassendiskriminierung und der Migrationspolitik hat er sich selbst noch grosse Aufgaben gestellt. Auch die Steuerpolitik und die Strategie gegenüber China bringen noch Fragezeichen mit sich.

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Claudia Franziska Brühwiler ist Amerikanistin und Politikwissenschaftlerin an der Universität St.Gallen. - zVg

Nau.ch: Was war bisher das Überraschendste von Joe Biden?

Claudia Brühwiler: Er ist sich in seinem Amt treu geblieben, hat aber wesentlich weniger seiner früher berühmten Fehltritte gemacht. Insgesamt ist das Überraschendste, wie wenig er uns negativ überrascht und sich stattdessen auf seine Aufgaben und Politziele konzentriert.

Nau.ch: Inwiefern ist es ihm schon gelungen das Land zu einen, so wie es viele von ihm nach Trump erhofft haben?

Claudia Brühwiler: Ein derart polarisiertes Land eint niemand über Nacht. Schon gar nicht während einer Pandemie, während eines zweiten Impeachment-Verfahrens gegen den – unter seinen Wählern nach wie vor sehr populären – Amtsvorgänger und angesichts der angespannten gesellschaftlichen Situation.

«Ein derart polarisiertes Land eint niemand über Nacht.»

Aber es ist offensichtlich, wie viel ruhiger nationale Debatten geführt werden. Wie sich gerade die mediale Berichterstattung auf Inhalte statt Stilfragen und kleine Skandale konzentrieren kann.

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Joe Biden spricht am virtuellen Klimagipfel. - AP

Nau.ch: Wo besteht zeitnaher Handlungsbedarf für Joe Biden?

Claudia Brühwiler: Die angestrebte Einigung des Landes wird während seiner ganzen Amtszeit ein zentrales Anliegen bleiben. Diese wird auch seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin beschäftigen. Hinzukommen aussenpolitische Aufgaben, das Infrastrukturprojekt, die Situation an der Südgrenze sowie Fragen der Diskriminierung, nicht nur aufgrund von Rasse.

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