Afghanistan: Joe Biden schickt Verstärkung – und verteidigt Abzug
Joe Biden hat erneut den Abzug der US-Truppen verteidigt und gleichzeitig mehr Truppen zur Evakuierung der Hilfskräfte nach Afghanistan geschickt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Taliban befinden sich nur noch wenigen Kilometer vor der Hauptstadt Afghanistans.
- US-Präsident Joe Biden hat deshalb weitere Verstärkung nach Kabul geschickt.
- Damit soll die Evakuierung des Botschaftspersonals sichergestellt werden.
- Den Truppen-Abzug aus dem Krisenland verteidigte der 78-Jährige ein weiteres Mal.
Der rasante Vormarsch der Taliban in Afghanistan geht weiter: Nun sind auch die nördliche Stadt Masar-i-Sharif und die östliche Provinzhauptstadt Dschalalabad vollständig unter ihrer Kontrolle. Die afghanische Regierung hält somit lediglich nur noch eine Grossstadt: Die Hauptstadt Kabul. Mit dem Fall von Masar-i-Sharif befinden sich die Islamisten zudem nur noch wenige Kilometer vor Kabul.
US-Präsident Joe Biden hat deshalb weitere militärische Verstärkung nach Afghanistan geschickt. Es handle sich um rund 1000 Soldaten aus der Luftlandedivision der sogenannten 82nd Airborne aus Fort Bragg, hiess es von einem Verteidigungsbeamten am Samstagnachmittag (Ortszeit) in Washington. Sie sollen unter anderem dabei helfen, das Botschaftspersonal aus Kabul zu evakuieren.
Damit sind rund 5000 US-Soldaten mit der Sicherung des Flughafens in Kabul sowie der Evakuierung des Botschaftspersonals und der afghanischen Hilfskräfte befasst. Dies sind zum einen 3000 Soldatinnen und Soldatin, deren Verlegung in der vergangenen Woche angekündigt wurde. Sie sollten im Laufe des Wochenendes ankommen und die rund 1000 Soldaten unterstützen, die schon vor Ort sind.
Biden erklärte in einer Mitteilung, dass diese insgesamt 5000 Soldaten «einen geordneten und sicheren Abzug des US-Personals und des Personals anderer Verbündeter sowie eine geordnete und sichere Evakuierung der Afghanen gewährleisten sollen, die unseren Truppen während unseres Einsatzes geholfen haben und die durch den Vormarsch der Taliban besonders gefährdet sind».
Biden droht mit «starker militärischer Reaktion»
Den islamistischen und militanten Taliban hat Biden mit einer «einer raschen und starken militärischen Reaktion» gedroht, falls diese das US-Personal in Afghanistan gefährdeten. Das habe er Vertretern der Taliban in Doha in Katar ausrichten lassen, hiess es in einer Mitteilung am Samstag. Das gelte für «jede Aktion der Taliban vor Ort in Afghanistan, die das US-Personal oder unsere Mission dort gefährdet».
Over the past several days I have been in close contact with my national security team to give them direction on how to protect our interests and values as we end our military mission in Afghanistan.
— President Biden (@POTUS) August 14, 2021
Read my full statement: https://t.co/C1f68bQaUQ
Gleichzeitig wies der US-Präsident Streitkräfte und Nachrichtendienste an, «dafür zu sorgen, dass wir die Fähigkeit und die Wachsamkeit aufrechterhalten, künftigen terroristischen Bedrohungen aus Afghanistan zu begegnen». Mit Blick auf die Evakuierung von afghanischen Helfern, die den US-Truppen während des Einsatzes geholfen hatten, erklärte Biden: «Wir arbeiten daran, Tausende von Menschen, die unsere Sache unterstützt haben, und ihre Familien zu evakuieren.»
US-Aussenminister Antony Blinken telefonierte am Samstag (Ortszeit) mit dem afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani. Sie hätten die Dringlichkeit der laufenden diplomatischen und politischen Bemühungen zur Eindämmung der Gewalt erörtert, teile das US-Aussenministerium mit. Blinken habe die «anhaltende Unterstützung für das afghanische Volk» betont.
Biden verteidigt US-Abzug aus Afghanistan
Die USA hatten in der vergangenen Woche ausserdem angekündigt, bis zu 4000 Soldatinnen und Soldaten nach Kuwait und 1000 nach Katar - falls Verstärkung gebraucht würde. Seit Beginn des Abzugs der US- und Nato-Truppen im Mai haben die islamistischen Taliban gewaltige Gebietsgewinne verzeichnen können. Das US-Militär wollte Afghanistan bis Ende August verlassen.
Biden verteidigte den Abzug am Samstag erneut: «Ein weiteres Jahr oder fünf weitere Jahre US-Militärpräsenz hätten keinen Unterschied gemacht, wenn das afghanische Militär sein eigenes Land nicht halten kann oder will.» Das hiess es am Samstag in einer Mitteilung des Präsidenten. Eine endlose amerikanische Präsenz inmitten eines Bürgerkriegs in einem anderen Land sei für ihn nicht akzeptabel gewesen.
«Ich war der vierte Präsident, der eine amerikanische Truppenpräsenz in Afghanistan geleitet hat - zwei Republikaner, zwei Demokraten», so Biden. Er werde «diesen Krieg nicht an einen fünften Präsidenten weitergeben».