Donald Trump: Droht wegen ihm nun der Welt-Zoll-Krieg?
Donald Trump erhebt Mega-Zölle, Staaten reagieren mit Vergeltung. Sollte sich die Schweiz einmischen, hätte dies verheerende Folgen, warnt ein Experte.
Das Wichtigste in Kürze
- US-Präsident Donald Trump hat zig Zölle beschlossen, darunter gegen Kanada und China.
- Mittlerweile hat er die Strafzölle gegen Mexiko und Kanada für 30 Tage ausgesetzt.
- Sollte sich die Schweiz einmischen, hätte das verheerende Folgen, so ein Experte.
Auf dem Schulhof herrscht Radau. Wie immer hat Don angefangen. Er läuft über den Platz, spuckt Mitschüler an und verpasst einem kleineren Buben eine Ohrfeige.
«Das geht doch so nicht!», findet Tom und stellt sich dazwischen. «Können wir nicht darüber reden?» Wenig später hat Tom ein blaues Auge.
Tom könnte in diesem Szenario die Schweiz sein – sollte sie sich in den von Donald Trump angestossenen Zollkrieg einmischen.
Schliesslich handle es sich dabei quasi um ein «renitentes Schulkind», so ein Handelsexperte.
Aber von Anfang an.
Donald Trump mit Mega-Abschiebung und Mega-Zöllen
Am 20. Januar wird Donald Trump als 47. US-Präsident vereidigt – und macht sofort Ernst.
Der Austritt aus dem Pariser Klimaabkommen und der WHO ist besiegelt.
Wegen des Kapitolsturms Verurteilte begnadigt er, erste sind schon auf freiem Fuss.
Dekrete, die theoretisch die Abschiebung von Verkehrssündern ermöglichen, treten in Kraft. Das Flüchtlingsprogramm für Ukrainer wird eingestellt.
Und zuletzt die Erhebung massiver Strafzölle: China trifft eine zusätzliche 10-Prozent-Abgabe, Importe aus Mexiko und Kanada werden mit 25 Prozent belegt.
Nach einer anfänglichen Drohung kündigt Trump inzwischen sogar definitive Handelszölle auch gegen die EU an.
Mit dieser Zoll-Offensive löst er globale Empörung aus.
Inzwischen konnte ein Nordamerikanischer Handelskrieg im letzten Moment abgewendet werden.
Trump hat die Strafzölle für Mexiko und Kanada für 30 Tage ausgesetzt.
Dies im Gegenzug zu Zugeständnissen bei der Grenzsicherung. Auch in Mexiko wird die Nordgrenze mit 10'000 Soldaten der Nationalgarde verstärkt.
Droht ein weltweiter Zollkrieg?
Dennoch: Das Chaos ist angerichtet. Droht nun ein weltweiter Zollkrieg?
Handelsexperte Oskar Jönsson warnt gegenüber Nau.ch: «Es stand schon länger die Befürchtung im Raum, dass Trump das, was er angekündigt hat, jetzt umso mehr durchzieht.»
Dennoch gibt er mit Hinblick auf einen globalen Zollkrieg teilweise Entwarnung: «Damit man von einem weltweiten Handelskrieg sprechen kann, müssten Kanada und andere Staaten weitere Länder mit Zöllen belegen und nicht «nur» Gegenmassnahmen treffen. Dafür gibt es derzeit aber keine Anzeichen.»
Wie sich die Situation entwickelt, sei schwer vorherzusagen. «Vielleicht einigt man sich in einem halben Jahr und die Lage entspannt sich wieder», so Jönsson.
Doch sollte die Eskalation weitergehen, wären die Konsequenzen drastisch: «Es würde weniger Handel geben, Produkte würden teurer, das weltweite Wirtschaftswachstum könnte leiden.»
Aber grösste Leidtragende wären die USA selbst. «Dabei läuft es mit der US-Wirtschaft aktuell sogar richtig gut.»
Stand jetzt hat die Schweiz nichts zu befürchten.
Jönsson sagt: «Selbst wenn sich die USA, Kanada und China weiter gegenseitig mit Zöllen überziehen: Der Effekt für die Schweiz bleibt gering.»
Höchstens Unternehmen mit Standorten in betroffenen Ländern könnten indirekt betroffen sein.
Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft Seco sieht keinen direkten Grund zur Sorge, aber hält fest: «Eine Verschärfung der handelspolitischen Spannungen ist nicht im Sinne der Schweiz.»
Sollte es dennoch zu Folgen kommen, ist die Schweiz gewappnet. Seco-Mediensprecherin Françoise Tschanz spricht von «automatischen Stabilisatoren wie Sozialversicherungen und Kurzarbeitsentschädigung.»
Was will Trump erreichen?
Trump verfolgt mit den Zöllen mehrere Ziele, erklärt der Experte. «An erster Stelle steht die Stärkung der US-Industrie» – «America First» bleibe das zentrale Motto.
«Die Produktion soll zurück ins eigene Land geholt werden, um Abhängigkeiten zu reduzieren und Arbeitsplätze in den USA zu sichern. Dabei schaden die Zölle gerade der verarbeitenden Industrie in den USA.»
Ein weiteres Ziel sei die Reduzierung des Handelsbilanzdefizits, doch ob dies tatsächlich gelingt, bleibt ebenfalls fraglich.
«Die Handelsbilanz wird sich kaum substanziell verbessern», sagt Handelsexperte Jönsson skeptisch.
Darüber hinaus nutze Trump Zölle als strategisches Druckmittel, um Verhandlungsvorteile zu erlangen.
Trump will Mexiko in die Knie zwingen
Bei diesem Aufbau von sogenannter «Handlungsmasse» habe er gute Karten.
«Sei es gegenüber Mexiko in Migrationsthemen oder gegenüber der EU in Verteidigungsfragen – die Strafzölle geben ihm einen entscheidenden Hebel.»
Gegenüber China könnte Trump versuchen, Zugeständnisse zu erzwingen. «Er könnte fordern, dass China mehr US-Landwirtschaftsprodukte kauft – wie schon in der ersten Amtszeit», sagt Jönsson.
Und die WTO?
China droht mit einer WTO-Klage. Jönsson ordnet ein: «Selbst wenn die Klage erfolgreich ist, hindert sie Trump nicht daran, die Zölle beizubehalten oder zu erhöhen.» Und ein Ausschluss der USA aus der WTO? Jönsson winkt ab: «Ein Ausschluss ist extrem unwahrscheinlich und kaum im Interesse der anderen Mitglieder.»
Die WTO werde die Verstösse zähneknirschend hinnehmen. «Die Klage ist ein rein politisches Statement – eine Weltpolizei gibt es nicht.»
Tschanz erklärt, dass es Aufgabe des WTO-Panels sei, über die Frage der Rechtmässigkeit der Massnahmen zu entscheiden.
Donald Trump der Schulrowdy
Und welche Rolle spielt die Schweiz als neutrales Land?
Françoise Tschanz blickt auf die letzte Präsidentschaft von Donald Trump zurück: «Die Schweiz hatte mit den USA unter der ersten Trump-Administration exzellente Beziehungen.»
Man wolle versuchen, daran anzuknüpfen. Gerade als «stark handelsabhängige Volkswirtschaft» wolle die Schweiz «dynamische Wirtschaftsbeziehungen im Handel und bei den grenzüberschreitenden Investitionen bewahren.»
Doch Jönsson mahnt zur Vorsicht: Denn: «Donald Trump verhält sich wie ein renitenter Schulbub auf dem Pausenhof, ein Rowdy.»
Sollte sich die Schweiz als Vermittlerin in Position bringen wollen, könnte auch sie «sehr schnell ins Visier geraten und Zölle riskieren. Hier kommt die klassische Pausenplatz-Logik zum Zug.»
Sollte das geschehen, könnten auch der Finanzplatz oder die Sicherheitspolitik der Schweiz betroffen sein, wie Jönsson mit Co-AutorInnen in einem kürzlich erschienen Papier zu den möglichen Folgen einer zweiten Amtszeit Trumps auf die Schweiz darlegen.