George Floyd: Trump irritiert mit Antifa-Tweet gegen 75-Jährigen
Das Wichtigste in Kürze
- Martin Gugino (75) verletzte sich bei einer Polizei-Konfrontation schwer am Kopf.
- US-Präsident Trump bezeichnete Gugino in einem Tweet als «Antifa-Provokateur».
- Wer ist Martin Gugino wirklich und wie viel Wahres steckt hinter Trumps Tweet?
Am vergangenen Donnerstagabend beteiligte sich Martin Gugino an den Protesten um George Floyd in Buffalo im Bundesstaat New York. Als der 75-Jährige auf die Polizei zugeht, wird er von einem Polizisten zurückgestossen – und bleibt regungslos liegen.
Der Vorfall ist bestens von Augenzeugen belegt – das Smartphone ist in der US-Amerikanischen Protestwelle omnipräsent. 82 Millionen mal (Stand Mittwochmittag) wurde das Video auf Twitter angeklickt.
Linke Demonstranten wie auch die rechte Gegenbewegung berufen sich auf das Video. Während Gugino für die Demonstranten ein weiteres Opfer von Polizeigewalt ist, ist sich Donald Trump mit dem rechten Flügel einig: Gugino war ein Antifa-Provokateur.
Was stimmt? Die Aussagen im Fakten-Check
US-Präsident Donald Trump drückt sich für einmal vorsichtig aus: «Der Buffalo-Demonstrant könnte ein Antifa-Provokateur sein.» Diese Formulierung musste der US-Präsident auch wählen, da es keinerlei Beweise für eine Verbindung des 75-jährigen zur Antifa-Bewegung gibt. Da es aber keine gegenteiligen Beweise gibt, kann Trump diese Vermutung formulieren, ohne zu lügen.
Das Video lässt Interpretationsspielraum: Einige sehen, wie Gugino den Polizisten einen Helm zurückgeben will. Andere verstehen seine Bewegung mit dem Smartphone zu den Kommunikationsgürteln der Polizisten als Versuch, deren Netz zu scannen: Demonstranten aus der Bewegung um George Floyd haben sich immer wieder in die Kommunikation der Polizei eingeklinkt und diese sabotiert.
Berichte der «BBC» entkräften jedoch die Vermutung: Die Polizei von Buffalo verwende keine verschlüsselten Funkkanäle, jeder könne den Polizeifunk mithören. Für die Störung des Funknetzes werden wiederum weitaus komplexere Geräte als ein Smartphone benötigt.
Auf Twitter wird diskutiert, ob Gugino den Vorfall gar inszeniert hat. Twitter-Nutzer wollen einen Schlauch erkennen können, welcher aus der Schutzmaske ans Ohr geführt wird. Aus diesem soll Gugino nach dem Sturz Fake-Blut fliessen lassen haben.
Das ist über Demonstrant Martin Gugino bekannt
Der Vorwurf eines inszenierten, harmlosen Sturzes lässt sich weitgehend entkräften: Wie der Bürgermeister von Buffalo am Folgetag mitteilte, befinde sich Gugino in «stabiler, aber ernster Verfassung» in einem lokalen Krankenhaus.
Doch ist Gugino ein Antifa-Provokateur, oder nicht? Wie «heavy.» schreibt, erwies sich ein viel zitierter Artikel der «New York Post» als falsch: Laut Bürgermeister Byron Brown solle Gugino ein Aufwiegler der Protestierenden gewesen sein. Die Aussage Browns bezog sich jedoch auf eine völlig andere Person.
Wahr ist, das Gugino ein leidenschaftlicher Demonstrant war. Immer wieder vertrat er seine Meinung auf der Strasse, sei es im Rahmen der Klimawandel-Demos oder bei «Black Lives Matter». Nach Angaben auf seiner eigenen Blog-Seite wurde er dabei viermal verhaftet, aber nie verurteilt.
«Martin hat eine Leidenschaft für soziale Gerechtigkeit», zitieren verschiedene Medien Mark Colville, Freund des pensionierten Informatikers. Bekannte beschreiben Gugino gegenüber «New York Times» als friedliebenden, wissbegierigen und sozialen Menschen mit einem Sinn für Gerechtigkeit.
Ein 75-jähriger Friedensaktivist als Aufstachler des radikalen Flügels der Proteste um George Floyd? Auch wenn Donald Trump seinen Vorwurf vorsichtig formuliert hat: Seine Vermutungen dürften sich kaum bewahrheiten.