Kamala Harris: Hat sie mit ihrem Vize-Kandidaten den Richtigen?
Kamala Harris (59) ernennt Minnesota-Gouverneur Tim Walz (60) zu ihrem Vize-Präsidentschaftskandidaten. Die Wahl überrascht – Experten loben.
Das Wichtigste in Kürze
- Tim Walz geht für die Demokraten als Vizekandidat in die US-Präsidentschaftswahlen.
- Auf nationaler Ebene war der ehemalige Lehrer bisher kaum bekannt.
- Inwiefern kann er Kamala Harris im Wahlkampf helfen? Experten ordnen ein.
Am Dienstagmorgen macht es Kamala Harris öffentlich: Tim Walz, der Gouverneur von Minnesota, ist offiziell ihr Kandidat für die Vizepräsidentschaft.
Die Entscheidung kommt durchaus überraschend. So galten bis zuletzt andere als Favoriten auf die begehrte Position. So etwa Pennsylvanias Gouverneur Josh Shapiro oder Mark Kelly, der Senator aus Arkansas.
Die Medien beschreiben Walz als unkomplizierten, bodenständigen Durchschnittsamerikaner. Er ist ehemaliger Lehrer und ausserhalb von Minnesota bisher kaum bekannt.
Kann ausgerechnet er die Wahlchancen von Kamala Harris erhöhen?
«Ja», sagt USA-Experte Thomas Greven von der Freien Universität Berlin gegenüber Nau.ch. «Insbesondere in Wisconsin, Michigan und Pennsylvania kann er punkten.»
Tim Walz sei strategisch gesehen der richtige Entscheid von Kamala Harris. «Als Gouverneur aus dem Mittleren Westen gibt er dem ‹Ticket› die notwendige Balance. Er ist das, was Joe Biden für Barack Obama war», so Greven.
Loyaler Vize für Kamala Harris im Hintergrund
Das glaubt auch Sarah Wagner. Sie ist USA-Expertin und stellvertretende Direktorin bei der Atlantischen Akademie Rheinland-Pfalz in Kaiserslautern (D).
«Die Chemie zwischen Harris und Walz scheint zu stimmen», sagt Wagner auf Anfrage. Walz verstehe sich als Unterstützer von Harris und als loyaler Vize. «Er wird seine Arbeit machen, ohne ihr die Aufmerksamkeit streitig machen zu wollen.»
Tim Walz könne auf die Hilfe von Gewerkschaften und Grossspendern zählen. Ausserdem sei er medial sehr effektiv. Wagner: «Das sind alles wichtige Elemente für den Wahlkampf.»
Erste Reaktionen würden zeigen, dass der Enthusiasmus innerhalb der Partei anhalte. «Es gibt keine Flügelkämpfe, alle können mit der Wahl von Walz leben. Das sah bei Josh Shapiro beispielsweise anders aus.»
«Wähler können sich mit ihm identifizieren»
Doch auch Walz bietet den Republikanern im Wahlkampf gewisse Angriffsflächen.
Wie alle Demokraten werde Walz von den Republikanern wohl als politisch zu links und radikal angegriffen, sagt Thomas Greven. «Das wird bei ihm aber nicht gut funktionieren, er ist als überparteilich arbeitender Politiker bekannt.»
Diese Meinung teilt Sarah Wagner. «Walz wirkt in seiner Sprache, seinem Auftreten und seiner Biografie sehr bodenständig. Viele Wählerinnen und Wähler können sich mit ihm identifizieren.»
Wahrscheinlich ist also, dass sich Trump und Co. andere Angriffsflächen aussuchen werden. Greven: «Ich vermute, dass sie ihn wegen der Polizeireformen nach dem Tod von George Floyd sowie dem Thema Kriminalität angehen werden.»
Sarah Wagner glaubt, dass die Republikaner auf progressivere politische Inhalte zielen werden, die Walz als Gouverneur vertreten hat. «Beispielsweise striktere Waffengesetze oder den Schutz des Rechts auf Abtreibung», sagt die Expertin.