Pentagon wegen Raketen-Absturz von China besorgt
Das US-Verteidigungsministerium ist wegen dem «unkontrollierten» Absturz einer chinesischen Rakete in Sorge. China weist die Warnungen jedoch zurück.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Rakete der chinesischen Raumfahrtbehörde stürzt offenbar unkontrolliert zur Erde.
- Laut dem Pentagon sei eine Landung im Meer am wahrscheinlichsten.
- Ein Absturz in bewohntem Gebiet oder auf ein Schiff sei jedoch nicht ausgeschlossen.
Das US-Verteidigungsministerium verfolgt mit Sorge die offenbar unkontrollierte Rückkehr einer chinesischen Weltraum-Rakete vom Typ Langer Marsch zur Erde.
Die Rakete sinke derzeit laufend und werde ungefähr am Samstag wieder in die Atmosphäre eintreten. Dies sagte Pentagon-Sprecher John Kirby am Mittwoch (Ortszeit). Eine exakte Absturzstelle zu berechnen sei wegen des unkontrollierten Absinkens derzeit fast unmöglich.
Die Rakete hatte am vergangenen Donnerstag das erste Modul einer neuen chinesischen Raumstation ins All gebracht. Danach begann sie, die Erde in einer unregelmässigen Flugbahn zu umkreisen und verliert seitdem langsam an Höhe.
Weil etwa 70 Prozent der Erdoberfläche von Wasser bedeckt sind, ist eine Landung im Meer am wahrscheinlichsten. Ein Absturz in bewohntem Gebiet oder auf ein Schiff sei jedoch nicht ausgeschlossen. Bis jetzt sei es aber laut Kirby zu früh, etwas zu unternehmen.
China weist Warnungen zurück
Chinas Staatsmedien haben Warnungen vor herabfallenden Trümmerteilen einer für den Bau der chinesischen Raumstation benutzten Trägerrakete zurückgewiesen. Die Bruchstücke dürften «sehr wahrscheinlich in internationale Gewässer fallen, und die Leute müssen sich keine Sorgen machen». Dies schrieb die Zeitung «Global Time» am Donnerstag unter Hinweis auf Raumfahrtexperten.
Das Gebiet umfasst demnach jeden Teil der Erdoberfläche zwischen dem 41. Grad nördlicher und dem 41. Grad südlicher Breite. In Europa zählen unter anderem Teile von Spanien, Italien oder Griechenland dazu.
Dass Reste von Raketen zur Erde zurückfielen, sei «in der Luft- und Raumfahrt üblich», schrieb die «Global Times». Das Blatt sah hinter den Warnungen «nichts anderes als westlichen Rummel um eine ‹Bedrohung durch China›» in der Raumfahrt. Chinas Raumfahrtbehörde hätte die Entwicklung herabfallender Trümmer und die Wahl des Startsplatzes sorgfältig berücksichtigt. Dies sagte der Experte Wang Ya'nan, Chefredakteur eines Luft- und Raumfahrtmagazins.
Trümmer werden verbrennen
Die meisten Trümmer werden demnach beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verbrennen. Nur ein sehr kleiner Teil werde auf die Erde fallen. Und dies potenziell in Gebieten weit weg von menschlichen Aktivitäten oder im Ozean, erklärt Wang Ya'nan.
Experten erklärten laut «Global Times» auch, dass die Raketenstufe vor allem aus leichtem Material gebaut sei. Dieses verbrenne zumeist beim Wiedereintritt.
Hingegen hatte das Esa-Büro für Raumfahrtrückstände mitgeteilt, es sei aktuell praktisch unmöglich, Vorhersagen darüber zu treffen.. Materialien mit hohen Schmelztemperaturen wie etwa Motor- oder Tankkonstruktionen stellten ein besonderes Risiko dar.
Allgemein verglühten die meisten Objekte beim Wiedereintritt aber vollständig, so die Experten. Die Gefahr für den Einzelnen sei deutlich geringer als bei alltäglichen Risiken wie etwa dem AUtofahren. Dies, da ein Grossteil der Erde mit Wasser bedeckt sei und weite Teile unbewohnt seien.
Es könne «im schlimmsten Fall» wie der Absturz eines kleinen Flugzeugs werden, der sich über Hunderte Kilometer verteile. So warnte der Astrophysiker Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (US-Bundesstaat Massachusetts).
Wie viele Bruchstücke übrig blieben, lasse sich nicht vorhersagen. «Aber genug, um Schaden anzurichten.» Auch der Raumfahrtexperte Andrew Jones warnte vor Schaden für Mensch oder Eigentum.
Nicht erster Raketen-Absturz
Nach dem ersten Flug des neuen Raketentyps im Mai 2020 waren Trümmer in der westafrikanischen Elfenbeinküste niedergegangen. Lokalen Berichten nach wurden dabei Häuser beschädigt. Die US-Raumfahrtbehörde Nasa beschrieb den Vorgang damals als «sehr gefährlich», weil die Raketenstufe kurz davor noch über die USA flog.
McDowell kritisierte das Design der neuen chinesischen Rakete als «fahrlässig». Es entspreche nicht heutigen Standards. Andere Länder sorgten dafür, dass der Hauptteil ihrer Raketen nicht im Orbit blieben, sondern in eine Flugbahn gebracht würden. Dies, um gezielt ins Meer zu stürzen.
Bei der «Langer Marsch 5B» sieht das anders aus. Sie wurde so gebaut, dass sie durch die Anziehungskraft an einem «willkürlichen Ort» in die Atmosphäre der Erde eintrete.
Es ist nicht das erste Mal, dass die chinesische Raumfahrtbehörde die Kontrolle über ein Raumschiff verliert. 2018 zerbrach das Weltraumlabor Tiangong-1 bei seinem Wiedereintritt in die Atmosphäre. China bestritt jedoch, die Kontrolle verloren zu haben.
Der Bau einer eigenen Raumstation ist zentraler Bestandteil von Chinas ehrgeizigem Weltraumprogramm. Der Betrieb soll im kommenden Jahr aufgenommen werden.