Schweizer in Kanada: Trucker-Demos sind «ignorante Minderheit»
Die grossen Trucker-Demonstrationen in Kanada stören den Alltag. Ein Auslandschweizer erzählt Nau.ch, wie er die Proteste erlebt.
Das Wichtigste in Kürze
- Massnahmen-Gegner demonstrieren nun, indem sie mit Konvois die Strassen blockieren.
- Vor allem in Kanada, wo diese Proteste ihren Ursprung haben, stört dies den Alltag.
- Es handle sich aber um «eine laute, ignorante Minderheit», erklärt ein Auslandsschweizer.
Seit über einer Woche ist der Alltag in der kanadischen Stadt Ottawa stark gestört. Verstopfte Strassen, stundenlanges Hupen – das sind die Trucker-Demos gegen die Corona-Massnahmen.
Auf Twitter zeigt ein Bewohner der Hauptstadt die Realität dieser Demonstrationen. Dazu fragt er: «Ist das wirklich ein friedlicher Protest?»
Is this a peaceful protest? What if you lived here, and this was going on from early in the morning until late at night, how would you feel? #Ottawa pic.twitter.com/oIhVKCYjur
— Paul Champ (@PaulChampLaw) February 5, 2022
«Ich wohne in Ottawa, aber zum Glück kann ich dem Chaos in der Stadt ausweichen», sagt Annalise Dubach zu Nau.ch. Dubach ist Schweizerin und wohnt bereits mehrere Jahre in Kanada. «Mir tun diese Menschen leid die in der Innenstadt wohnen.»
Und: «Die Besetzung der Chauffeure in Ottawa ist beängstigend!» Die Polizei könne die Demos aber nicht mit Gewalt auflösen, da viele Chauffeure mit ihrer Familie vor Ort seien – viele gar mit Kindern.
Aufgrund der Besetzung hätten viele Geschäfte zwischenzeitlich schliessen müssen. Viele Menschen hätten ihren Job verloren.
Trucker pöbeln bei Demos Serviceangestellte an
Auch Daniel von Känel wohnt in Kanada – allerdings nicht in Ottawa. «Diese Proteste erinnern mich ein wenig an ‹Mad Max›», sagt er. Der Schweizer lebt mit seiner Frau in Victoria in der Provinz Britisch Kolumbien. «So ein Lastwagen repräsentiert eine Macht, die derzeit von einer sehr lauten, ignoranten Minderheit missbraucht wird.»
Auf Vancouver Island habe von Känel bislang keine Lärmbelästigung durch tagelange Proteste wie in Ottawa erlebt. Aber: «Für ein Wochenende wurde das Parlament der Provinz belagert. Dabei wurden viele Leute angepöbelt, etwa Restaurant-Mitarbeitende, die die Protestierenden auf die Maskenpflicht hinwiesen», so der Schweizer. «Wir erwarten, dass das jetzt jedes Wochenende wieder vorkommt.»
Covid-Müdigkeit herrscht überall
Dennoch handle es sich bei den Demonstranten in seinen Augen um eine kleine Minderheit, die eher andere Lastwagenfahrer schlecht darstellt. Von Känel erklärt: «Die meisten sind geimpft und gehen normal arbeiten. Es gibt auch immer wieder Gegendemonstrationen gegen die Trucker.»
Dass sich jetzt die motorisierten Proteste auch nach Europa ausgebreitet haben, überrascht den Auslandsschweizer nicht. «Ich denke, es gibt überall diese Covid-Müdigkeit, man will ein Ende der Beschränkungen.»
Trotz einem gewissen Verständnis für die Massnahmengegner hat von Känel deutliche Worte für alle, die an den Demos mitlaufen: «Ihr solltet euch fragen, ob ihr wirklich neben Leuten stehen könnt, die Hakenkreuzflaggen, SS-Runen und US-Bürgerkriegsflaggen schwenken!»