Unter Jair Bolsonaro rollt Gewaltwelle durch Brasilien
Das Wichtigste in Kürze
- Seit zwei Wochen hält die Gewalt in Brasiliens Bundesstaat Ceará an.
- Brennende Busse schränken den öffentlichen Verkehr massiv ein.
- Die Anhängerschaft von Präsident Bolsonaro macht die Linken dafür verantwortlich.
Es ist genau 14 Tage her, seit die Gewaltwelle im Bundesstaat Ceará im Nordosten Brasiliens begann. In dieser Zeitspanne kommt es zu mehr als 170 (!) Angriffen auf Busse, Polizeistationen, Banken und sogar Ambulanzen.
Am Samstagmorgen wird ein Strommast gesprengt, woraufhin in mehreren Vierteln Fortalezas, der Hauptstadt Cearás, der Strom ausfällt. Die Gewalt geht auf das Konto des organisierten Verbrechens.
Für die Bevölkerung besonders gravierend sind die vielen Anschläge auf Busse. Die Busunternehmen reduzieren den Verkehr drastisch, oder stellen ihn gar ein. Die Mehrheit der Einwohner in Ceará ist arm und auf den öffentlichen Verkehr angewiesen, um zur Arbeit zu erscheinen.
Kampf gegen das organisierte Verbrechen
Ausgelöst wird die Gewaltwelle durch die Ankündigung der Regierung Cearás, künftig härter gegen das organisierte Verbrechen durchzugreifen.
Auch in den Gefängnissen. Diese waren bisher nach Banden aufgeteilt. Konkret: Mitglieder verfeindeter Banden werden (wenn möglich) nicht in dieselben Gefängnisse gesteckt. Damit sollte nun Schluss sein, was den involvierten Gruppierungen nicht passt. Diese haben sich nun zusammengeschlossen.
Angst in der Bevölkerung
Nau steht in Kontakt mit mehreren Personen, die in Ceará vor Ort sind. Darunter ein Angehöriger der Militärpolizei und eine Künstlerin, beide aus Fortaleza. Sie wollen aus Angst nicht namentlich genannt werden. Sie berichten, dass über Whatsapp-Gruppenchats oft gewarnt wird, wenn Anschläge an bestimmten Orten geplant sind. Gleichzeitig kursieren Videos der für die Anschläge verantwortlichen Banden.
In polizeinahen Kreisen wird die Gewaltwelle hingegen stark politisiert und mit der linken Regierung in Verbindung gebracht.
Bolsonaro-Fans machen Arbeiterpartei verantwortlich
Viele Befürworter von Präsident Bolsonaro machen die Arbeiterpartei PT dafür verantwortlich, dass die Drogenbanden so viel Macht haben. Einige fanatische Anhänger gehen sogar noch weiter. Sie behaupten, die PT und die Drogenbanden stecken unter einer Decke und wollten mit den Attacken Bolsonaro schaden.
Präsident nennt Anschläge «Terrorismus»
Bolsonaro beorderte zu Beginn des Jahres Soldaten nach Ceará und bezeichnete die Anschläge in einem Tweet «als Terrorismus».
Der neue Präsident schiebt die Schuld aber weder dem linken Gouverneur Cearás noch der PT in die Schuhe. Wie lange die Gewaltexzesse noch andauern werden, ist unklar. In den letzten Tagen hat sich aber keine Beruhigung abgezeichnet. Es sind turbulente Zeiten in Brasilien.
*Ayse Turcan lebt seit Anfang 2018 in Brasilien. Sie schreibt einmal pro Woche für Nau darüber, was in Brasilien diskutiert wird, wie sich die Situation unter dem Präsidenten Jair Bolsonaro entwickelt und wie die brasilianische Bevölkerung darüber denkt.