Algerien: Der Niedergang eines scheintoten Herrschers

Pascal Moser
Pascal Moser

Algerien,

Das Regime in Algerien hat dem Druck der Bevölkerung nachgeben. Was passiert in dem Land, wo sich das Volk nicht mehr alles gefallen lässt?

Algerien Demonstrationen
Das algerische Volk will keine fünfte Amtszeit von Präsident Bouteflika. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Wochenlang hat eine breite Masse gegen den altersschwachen Bouteflika protestiert.
  • Nun hat der langjährige Präsident angekündigt, nicht erneut an der Wahl anzutreten.

Nun feiert man in Algerien den Sieg. Abdelaziz Bouteflika, seit 1999 Präsident des Landes, hat angekündigt, sich nicht für eine Wiederwahl zur Verfügung zu stellen. Wie reagiert das Regime nun auf diese «Niederlage»?

In einem Communiqué wurde bereits mitgeteilt, dass die ursprünglich im April vorgesehene Präsidentschaftswahl auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Ausserdem will das Regime einen «Nationalen Dialog» umsetzen, bei dem demokratische und rechtsstaatliche Reformen diskutiert werden. Erst nach deren Umsetzung soll ein neuer Präsident gewählt werden.

Die Parallelen zu 2012

Die Regierung will sich möglicherweise etwas Zeit verschaffen, um die aufgebrachte Bevölkerung zur Ruhe zu bringen. Erste erzürnte Stimmen sind bereits laut geworden. Es wird behauptet, dass Bouteflika zwar nicht mehr antreten werden, aber seine vierte Amtszeit auf unbestimmte Zeit verlängert werde.

Algerien Präsident Abdelaziz Bouteflika
Präsident von Algerien Abdelaziz Bouteflika wird sich bei der Wiederwahl antreten. - Keystone

Bereits vor einiger Zeit kündigte der Präsident die Einleitung eines Generationenwechsels an. Es kam aber anders für Bouteflika, der damals noch sprechen konnte. Er wurde zur Marionette eines undurchsichtigen Machtzirkels im Amt. Genau diese Leute sind es, die nun an der Legende eines «guten Bouteflikas» arbeiten, wie die «Zeit online» berichtet.

Die Rückkehr des Islamismus nach Algerien?

Erinnerungen an Gewalt im Land sind in Algerien immer noch sehr präsent. Von 1991 – 2002 herrschte Bürgerkrieg und insbesondere islamistische Gruppen bekämpften die Regierung in Algier. Man fürchtet nun eine Rückkehr dieser radikalen Islamisten. Im Hinterland Algeriens findet sich ein Rückzugsraum für dschihadistische Gruppen wie Al-Kaida.

Zwar gelangen die Islamisten leicht an Waffen aus dem Nachbarland Libyen, dennoch ist eine Wiedererstarkung wenig wahrscheinlich. Die Unterstützung aus der Bevölkerung würde wohl gering ausfallen. Zudem kann sich der Islamismus in Algerien kaum als wirkliche Alternative zum bestehenden System präsentieren. Im Gegensatz zu den Nachbarländern Tunesien und Libyen haben islamistische Gruppen kaum Einflüsse auf politische Geschehnisse.

Kein neuer «politischer Frühling»

Die Erschütterung des Regimes in Algerien wird von der ganzen Region genau beobachtet. Präsident Bouteflika galt lange als Inbegriff der unverwüstlichen Autokraten. Es wird aber nicht davon ausgegangen, dass die Demonstranten eine revolutionäre Welle auslösen, wie dies 2011 die Tunesier taten.

Der Rückzug Bouteflikas zeugt weniger von einem «politischen Frühling», als von einem zähen Veränderungsprozess in Nordafrika und dem Nahen Osten. Das Ende dieses Prozesses ist und bleibt offen, denn auch andere Länder protestieren.

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