Brasilianisches Gericht lässt Anklage gegen Mitarbeiter von Vale und TÜV Süd zu
Ein Jahr nach dem verheerenden Dammbruch in Brasilien hat die brasilianische Justiz eine Klage gegen den Baukonzern Vale und den TÜV Süd zugelassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Zeitung: Auch Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Dammbruchs gegen TÜV Süd.
Wie der Gerichtshof des Bundesstaats Minas Gerais am Freitag mitteilte, sind elf Vale-Vertreter und fünf Mitarbeiter des TÜV Süd wegen vorsätzlicher Tötung und schwerer Umweltvergehen angeklagt. Auch die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt einem Zeitungsbericht zufolge gegen den TÜV Süd. Dieser sieht sich nicht in der «juristischen Verantwortung».
Der Dammbruch im Vale-Bergwerk Córrego do Feijão nahe der Kleinstadt Brumadinho am 25. Januar 2019 war eines der schwersten Unglücke in der Geschichte Brasiliens. 13 Millionen Kubikmeter Bergbauschlamm ergossen sich damals in die Umgebung. 270 Menschen kamen ums Leben. 259 Leichen konnten geborgen werden, elf weitere wurden bis heute nicht gefunden.
Nach Angaben der brasilianischen Staatsanwaltschaft waren Vale der instabile Zustand des Damms und die damit verbundenen Risiken bekannt. Die brasilianische Filiale des TÜV Süd hatte den Damm im Auftrag von Vale im September 2018 begutachtet und trotz mehrerer Wartungsempfehlungen für sicher erklärt. Neben den Mitarbeitern müssen sich auch beide Unternehmen wegen Umweltverbrechen verantworten.
Der Prozess dürfte nun bald beginnen, den Angeklagten drohen zwischen zwölf und 30 Jahre Haft. Zu ihnen zählen dem Gericht zufolge der ehemalige Vale-Chef Fábio Schvartsman sowie mehrere Abteilungsleiter, Geologen und Ingenieure beider Unternehmen.
Nach Informationen der «Süddeutschen Zeitung» ermittelt auch die Münchner Staatsanwaltschaft aufgrund einer Strafanzeige vom Oktober 2019 gegen den TÜV Süd. Ein Team der für grosse Wirtschaftsverfahren zuständigen Staatsanwaltschaft München I und der Polizei solle dafür im Frühjahr vor Ort untersuchen, warum der Staudamm zerbarst und welche Rolle dabei der TÜV Süd spielte, berichtete die Zeitung am Samstag; die Zentrale des inzwischen weltweit tätigen Zertifizierungsunternehmens befindet sich in München.
Ermittelt wird demnach gegen einen deutschen Ingenieur wegen mehrerer mutmasslicher Delikte, darunter fahrlässige Tötung und Bestechung. Gegen einen Compliance-Manager des TÜV Süd laufe gleichzeitig ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, das den Konzern viel Geld kosten könnte, berichtete die «Süddeutsche Zeitung».
Die Sprecherin einer vom TÜV Süd beauftragten Agentur erklärte dazu am Samstag, das «schreckliche Unglück vom 25. Januar 2019» habe den TÜV Süd tief betroffen gemacht, seine Gedanken seien «weiterhin bei den Opfern und ihren Angehörigen». Das Unternehmen sei jedoch der Überzeugung, dass es «keine juristische Verantwortung für dieses Unglück trifft». Es werde sich «deshalb entschieden gegen Schadensersatzklagen verteidigen». Eine detaillierte Stellungnahme lehnte der TÜV Süd mit Hinweis auf die «laufenden Verfahren» ab.
Vale war bereits im Juli dazu verurteilt worden, für alle Schäden der Katastrophe aufzukommen. Eine konkrete Summe legten die Richter allerdings nicht fest. Den Hinterbliebenen der Opfer zahlte das Unternehmen nach eigenen Angaben umgerechnet rund 430 Millionen Euro Entschädigung.