Coronavirus: Nau-Reporterin in Australien gestrandet

Lina Schlup
Lina Schlup

Australien,

Die Bernerin Lina Schlup arbeitet für Nau.ch in Brisbane. Ihre geplante Rückreise in die Schweiz ist zurzeit unmöglich. Es gibt keine Flüge.

Lina Schlup
Wegen des Coronavirus ist eine Rückkehr schwierig. Nau-Redaktorin Lina Schlup ist in Australien gestrandet. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Lina Schlup arbeitet als Redaktorin für Nau.ch in Brisbane (Australien).
  • Eine Rückkehr in die Schweiz ist zurzeit nicht möglich.
  • Die internationalen Flughäfen sind für Transitflüge geschlossen.

Australien! Das war für mich immer schon die Traumdestination. Weisse Traumstrände, offene Menschen und eine vielfältige, kuriose Tierwelt. Das Land bietet einfach alles, was mein Herz begehrt.

Mein Aufenthalt verlief von Beginn weg turbulent. Bereits wenige Tage nach meiner Ankunft kommt es zu einer Tragödie. Hunderte Personen und knapp eine Milliarde Tiere verlieren in den Flammen ihr Leben.

australien brand
Die Tiere in Australien sind nach den Buschbränden dringend auf Hilfe angewiesen. - Keystone

Nach den Buschbränden im Februar folgt heftiger Regen. Grosse Teile von Australien sind überflutet. Das ist aber noch das kleinere Übel als das Feuer.

Ich halte mich im Bundesstaat Queensland in Brisbane auf. Deswegen bleibe ich von Feuer und den Fluten weitgehend verschont. Ich verzichte aber auf geplante Reisen.

Australien trifft bereits die dritte Krise

Jetzt folgt bereits die dritte Krise. Das Coronavirus ist auch Down Under angekommen. Am 18. März macht der unbeliebte Premierminister Scott Morisson («ScoMo») die Grenzen dicht.

Die Situation in Australien ist bei Weitem nicht so schlimm wie in Europa. Einzig beim Einkaufen fällt auf, dass Panikkäufe und Hamstern ein internationaler Trend sein müssen. Auch bei uns sind Pasta und Toilettenpapier praktisch ausverkauft.

WC Papier
Weltweit kam es zu Hamsterkäufen von WC-Papierrollen. - Nau.ch

«Ich kann Ihren Flug auf Mitte Mai umbuchen»

Ende April wäre ich in die Schweiz zurückgekehrt. Der Mann vom australischen Büro der Airline versichert mir vor ein paar Tagen, dass mein Rückreise-Flug nicht «gecancelt» sei. Ich solle mir keine Sorgen machen.

Sorgen mache ich mir aber - und zwar durchaus zu Recht. Ein zweiter Anruf bei einem anderen Mitarbeiter des gleichen Büros bestätigt, dass der Flug gestrichen worden ist.

«Ich kann Sie auf Mitte Mai umbuchen», vertröstet mich der nette Mann am Telefon. Mitte Mai? Ob dann die Corona-Krise wirklich gelöst ist, steht in den australischen Sternen.

Mehr Informationen kriege ich nicht. Die Schweizer Hotline der Swiss ist überlastet. Es gibt während Stunden kein Durchkommen.

Es ist Montag. Als letzte Möglichkeit wende ich mich an das Eidgenössische Departement für ausländische Angelegenheiten. Das EDA rät mir, schnellst möglich einen Heimflug zu buchen.

Ich setze mich umgehend mit Schweizer Reiseveranstaltern in Verbindung, buche für diesen Freitag einen Heimflug Brisbane-Sydney-Singapur-London-Zürich. Eine extrem lange Reise. Es ist meine letzte Chance auf eine Rückreise in die Schweiz.

Ich verabschiede mich von meinen australischen Freunden. Der Gedanke, jetzt so plötzlich aufzubrechen, ist für mich nicht einfach.

Nach einer schlaflosen Nacht folgt der Schock. Singapur schliesse seinen Flughafen für Transitpassagiere, teilt mir ein Freund mit. Das Flugzeug fliege zwar wie geplant. Aber ich dürfe nicht mit an Bord.

Thailand fordert negativen Coronavirus-Test

Verzweifelt melde ich mich nochmals beim EDA. Die Mitarbeiterin rät mir, weiter Flüge über Schweizer Reiseveranstalter zu buchen.

«Es fliegen ja noch viele», sagt sie. Zudem verweist sie mich auf die Webseite der «Dargebotenen Hand». Es scheint mir unklar, wie mir da geholfen werden kann?

Ja, noch verlassen Flieger munter Australien. Allerdings darf ich weder über Hongkong, Singapur noch die vereinigten Arabischen Emirate reisen. Und für Thailand benötige ich einen negativen Coronavirus-Test. Woher nehmen und nicht stehlen?

Ich gebe nicht auf und kontaktiere rund zehn Schweizer Reisebüros. Es sieht schlecht aus. Es können keine Flüge mehr gebucht werden, die Lage sei zu unsicher.

Jetzt sitze ich also definitiv in Down Under fest! Ich bin gestrandet.

Lina Schlup
Über 16'000 Kilometer bis nach Zürich. Nau-Redaktorin Lina Schlup in Brisbane. - Nau.ch

Es gibt schlimmere Orte als Australien

Die gute Nachricht: Ich habe ein Dach über dem Kopf, gute Kontakte und bin finanziell abgesichert.

Vielen Schweizern im Ausland geht es viel schlechter. Der Gedanke, im Notfall nicht zu meiner Familie fliegen zu können, verunsichert mich und schmerzt dennoch.

Gestern wird auch im Bundesstaat Queensland der Lockdown ausgerufen. Bars, Restaurants und viele Läden sind ab Mitternacht geschlossen.

Die Krise betrifft die Wirtschaft. Laut dem «Sydney Morning Herald» hat bereits einer von zehn Australiern seinen Job verloren.

Ein Kumpel muntert mich auf, sagt: «Makes you miss the good old days when the country was on fire no?». Da vermisse man doch glatt die guten alten Zeiten, als das Land noch brannte. Ich lächle.

Spätestens jetzt wird mir bewusst, dass es schlimmere Orte als Australien gibt, um festzusitzen.

Die krisengebeutelten Aussies verlieren ihren berühmten Galgenhumor auch jetzt nicht. Mit diesem Optimismus werden wir hier die Corona-Krise überstehen. Das ist klar.

Ich schliesse die Augen, geniesse die frühherbstliche Sonne. Wir sehen uns in ein paar Monaten, liebe Schweiz. Bleibt alle gesund!

Lina Schlup
Lina Schlup bleibt in Australien. - Nau.ch

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