Europäische Journalisten wollen Reform des Urheberrechts im Internet
Das Wichtigste in Kürze
- Insgesamt 103 Journalisten aus 27 Ländern haben einen Aufruf von Ketz unterschrieben.
- Man verlangt nach einer Reform des Urheberrechts im Internet.
Mehr als hundert europäische Journalisten unterstützen einen Aufruf des AFP-Reporters Sammy Ketz zur Reform des Urheberrechts im Internet. Zu den insgesamt 103 Unterzeichnern des Textes aus 27 Ländern gehören unter anderen der «Zeit»-Autor Wolfgang Bauer, der «Spiegel»-Reporter Christoph Reuter, die Journalistin Florence Aubenas von der französischen Zeitschrift «Nouvel Observateur» sowie der britische «Guardian»-Mitarbeiter Jason Burke. Der Aufruf an das Europaparlament wurde bereits in mehreren europäischen Medien veröffentlicht, unter anderem im Berliner «Tagesspiegel».
«In mehr als 40 Jahren als Reporter habe ich gesehen, dass die Zahl der Journalisten vor Ort stetig abnimmt, während die Gefahren unerbittlich zunehmen. Wir sind Ziele geworden und unsere Berichterstattung kostet mehr und mehr», schreibt Ketz in seinem Aufruf. Er hat aus Kriegs- und Krisenregionen wie Syrien und dem Irak berichtet und leitet derzeit das Büro der Nachrichtenagentur AFP in Bagdad.
«Vorbei sind die Zeiten, in denen ich in einer Jacke, in Hemdsärmeln, mit einem Personalausweis in der Tasche, neben einem Fotografen oder Videojournalisten vor Ort über einen Krieg berichten konnte. Jetzt brauchst du kugelsichere Jacken, gepanzerte Autos, manchmal Bodyguards und Versicherungen. Wer bezahlt diese Kosten? Die Medien, und es ist ein hoher Preis.»
Internetplattformen streichen die Profite ein
«Doch obwohl sie für den Inhalt bezahlen und Journalisten entsenden, die ihr Leben riskieren, um ein zuverlässiges, vollständiges, vertrauenswürdiges und vielfältiges Nachrichtenangebot zu produzieren, sind es nicht sie, die die Profite einstreichen, sondern die Internetplattformen, die sich daran bedienen, ohne einen Cent zu zahlen», schreibt Ketz weiter. «Es ist so, als ob ein Fremder kommen und sich schamlos die Früchte deiner Arbeit schnappen würde.»
Deshalb unterstützen der AFP-Journalist und die Unterzeichner seines Aufrufs Pläne zur Reform des Urheberrechts im Internet. Die EU-Kommission will damit Suchmaschinen wie Google zur Bezahlung für angebotene fremde Nachrichteninhalte zwingen. Während Verlage und Medien wie AFP diese Pläne unterstützen, stossen sie bei Internet-Aktivisten auf Widerstand. Diese sehen eine Gefahr für das «freie Internet» und warnen vor Zensur. Das Europaparlament hatte die Pläne Anfang Juli vorerst gestoppt, im September sind weitere Beratungen geplant.
Die Medien verlangten, «dass ihre Rechte respektiert werden, damit sie weiterhin über wichtige Ereignisse berichten können», heisst es in dem an die EU-Parlamentarier weiter. «Sie verlangen, dass die Verkaufserlöse geteilt werden, die die Inhalte produzieren, ob es sich um Medien oder Künstler handelt. Das ist die Bedeutung von Urheber- und Leistungsschutzrechten.»
Die «von Google und Facebook verbreitete Lüge» könne nicht länger akzeptiert werden, «dass eine Richtlinie zu Leistungsschutzrechten die Möglichkeiten der Menschen, kostenlos ins Internet zu gehen, gefährden würde».
Pressefreiheit steht auf dem Spiel
Auf dem Spiel stehe aber die Pressefreiheit: «Wenn den Zeitungen die Journalisten ausgehen, wird die Freiheit, die von Abgeordneten aller politischen Parteien unterstützt wird, verschwunden sein», heisst es weiter in dem Schreiben, das am Ende an die Abgeordneten appelliert: «Das Europäische Parlament muss mit überwältigender Mehrheit für die Leistungsschutzrechte und damit für das Überleben der Demokratie und eines ihrer bemerkenswertesten Symbole stimmen: den Journalismus.»
Das Europaparlament hat in der Frage ein Mitentscheidungsrecht. Vertreter des Parlaments, der EU-Staaten und der Kommission müssen einen Kompromiss aushandeln. Die Verhandlungen können erst beginnen, wenn das Plenum des Parlaments seinen Verhandlungsführern im September ein Mandat erteilt hat. Ob die Reform noch vor der Europawahl im kommenden Mai unter Dach und Fach gebracht werden kann, ist fraglich.