Experte zu Israel-Konflikt: «Sehe riesige Eskalationsgefahr»
Die Terrororganisation Hamas ist in Israel eingedrungen und hat einen militärischen Konflikt ausgelöst. Dieser könnte noch länger dauern, glaubt ein Experte.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Samstag hat die Terrororganisation Hamas einen Grossangriff gegen Israel gestartet.
- Die militärische Auseinandersetzung dürfte noch länger dauern, glaubt ein Politologe.
- Insbesondere, wenn sich die Gerüchte rund um Geiselnahmen bewahrheiten sollten.
Am Frühmorgen des 7. Oktober hat die Hamas mehrere Raketen vom Gazastreifen aus nach Israel geschossen. Zudem haben palästinensische Kämpfer israelische Städte infiltriert: Gemäss Informationen der israelischen Rettungskräfte starben schon 100 Israelis, die Anzahl verstorbener Palästinenser beläuft sich gemäss palästinensischer Gesundheitsbehörde auf 198.
Die Zustände erinnern an den Jom-Kippur-Krieg im Oktober der 1970er Jahren. Auch damals startete der Angriff von arabischen Kräften gegen Israel völlig überraschend. Der Krieg dauerte fast zwanzig Tage.
Geiselnahme könnte Konflikt eskalieren lassen
Gegenüber der deutschen «Tagesschau» sagt Konfliktforscher Stefan Stetter, er könne eine «militärische Auseinandersetzung in den nächsten Tagen sehen». Zwar sähe man seit der Machtübernahme der Hamas im Gaza-Streifen alle zwei Jahre ein solches Aufflammen: Aber die Gefahr einer grösseren Eskalation sei «riesig», so der Professor an der Universität der Bundeswehr München.
Derzeit werde über Geiselnahmen von israelischen Zivilisten und Soldaten durch Hamas-Aktivisten berichtet, sagt Stetter: «Wir müssen schauen, ob das stimmt. Das letzte Mal, als es so grosse Entführungen gab in 2014, gab es einen langen Krieg von knapp sieben Wochen.» Damals sei es «blutig» geworden, sagt der Experte, die israelischen Streitkräfte hätten eine Bodeninvasion im Gaza-Streifen durchgeführt.
Hamas-Vizechef Salehal-Aruri hat gegenüber dem TV-Sender «Al Dschasira» bestätigt, «eine grosse Zahl» an Geiseln gefangen zu haben. Darunter sollen auch hochrangige Offiziere sein. Gemäss israelischen Medien sollen es etwa 50 Geiseln sein. Israel hat diese Berichte nicht bestätigt.
Stetter fährt fort: «Eine weitere Eskalationsgefahr ist im Norden Israels, an der Grenze zu Libanon.» Dort sei die Hisbollah, die noch besser bewaffnet sei als die Hamas, die auch palästinensische Kämpfer unter sich zähle.
Stefan Stetter sieht die internationale Gemeinschaft nun in der Handlungsverantwortung: Der Konflikt müsse so schnell wie möglich eingedämmt werden. Die USA etwa oder auch Ägypten seien berufen, die beiden Parteien zu einem Waffenstillstand zu bewegen. «Aber ich erwarte jetzt erst einmal eine längere militärische Auseinandersetzung, die immer auch katastrophal und schrecklich für die Zivilbevölkerung ist.»