Friedensnobelpreisträger in Äthiopien macht mobil
Abiy Ahmed, Ministerpräsident Äthiopiens und Friedensnobelpreisträger, hat sein Militär beinahe unbemerkt in die Provinz Tigray einmarschieren lassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Äthiopiens Militär hat einen Stützpunkt in der rebellischen Provinz Tigray angegriffen.
- Der Golf von Aden ist strategisch auch für die Weltmächte von grosser Bedeutung.
Ein Friedensnobelpreisträger macht mobil und riskiert damit eine militärische Eskalation in einer Region, in der die Grossmächte um Einfluss ringen. Äthiopiens Ministerpräsident Abiy Ahmed einigermassen unbeachtet sein Militär in die rebellische Provinz Tigray.
Die Begründung des Nobelpreisträgers von 2019: Mit dem Angriff auf einen Militär-Stützpunkt sei dort eine rote Linie überschritten worden. Seither dringen trotz Abriegelung und gekappter Kommunikationswege aus Tigray schlimme Nachrichten über Massaker, Kämpfe, Bombardierungen und Vertreibung nach draussen.
Kampf um strategisch wichtige Handelsroute droht zu eskalieren
Unabhängig nachprüfbar sind sie kaum. Fakt ist: Tausende sind in Nachbarländer geflohen. Die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, warnt: «Es besteht das Risiko, dass die Situation völlig ausser Kontrolle gerät. Es könnte zu viele Tote, schwere Zerstörungen sowie Fluchtbewegungen innerhalb Äthiopiens wie auch über die Grenzen geben.»
Was zunächst als interne Angelegenheit von kurzer Dauer ankündigt wurde, entwickelt eine Dynamik, die die gesamte Region zu destabilisieren droht. Am strategisch wichtigen Golf von Aden hat sich nach China, den USA, Frankreich gerade auch Russland einen Militärstützpunkt gesichert.
Umgeben von Konfliktherden geht es im Roten Meer um die Interessen auf einer der wichtigsten Handelsrouten der Welt. Neben den Vereinten Nationen warnen auch Hilfsorganisationen vor einer humanitären Katastrophe sowie dem Übergreifen des Konfliktes auf angrenzende Länder.
Aus Tigray wurden am Wochenende bereits Raketen auf die Hauptstadt des Nachbarstaates Eritrea, Asmara, abgefeuert. Es drohen weitere Luftschläge. Abiy Ahmed stellt sich bei Appellen nach Einstellung der Kämpfe bislang taub. Er setzt jetzt auf eine «Schlussoffensive».
Äthiopien will Nil-Wasser für Stromversorgung nutzen
In dem Vielvölkerstaat Äthiopien mit seinen 112 Millionen Einwohnern sind ethnische Spannungen und Konflikte nichts Neues. Doch Abiys Offensive kommt zu einer Zeit, da es auch aussenpolitisch nicht an Risiken mangelt.
Die Nachbarländer Sudan und Ägypten sind vergrätzt über einen gigantischen Staudamm. Mit diesem will Äthiopien das Wasser des Nils für die Stromgewinnung nutzen. Beide Nachbarn zeigten mit Militärmanövern bereits ihre Muskeln.
Menschen fühlen sich von der Regierung nicht vertreten
Die «TPLF» und viele Menschen in Tigray fühlen sich von der Zentralregierung nicht vertreten und wünschen sich mehr Autonomie. «Die Leute sind zum Kampf bereit, notfalls mit Stöcken», kündigte TPLF-Chef Debretsion Gebremichael an.
Nach seinen Angaben kämpfen die eritreischen Streitkräfte an der Seite der Äthiopier - was offiziell bisher unbestätigt bleibt. Die TPLF war einst dominante Partei in der Parteienkoalition, die Äthiopien mehr als 25 Jahre lang mit harter Hand regierte.
Sie sieht Eritrea als legitimes Ziel an. Vor Verhandlungen müsste die Zentralregierung in Addis Abeba erst mal alle Truppen aus der Konfliktregion abziehen, fordert der TPFL-Chef.