Hunderte tote Migranten auf Meeresgrund – Aufarbeitung beginnt
Nach dem Schiffsunglück im Mittelmeer mit mehreren Hundert ertrunkenen Flüchtlingen aus Afrika läuft jetzt die Suche nach den Schuldigen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Ermittlungen für die Suche nach Hinterleuten des Schleuserrings läuft nun.
- Im Mittelmeer ist am Mittwoch ein Fischkutter mit mehreren hundert Menschen gesunken.
- Das Bootsunglück forderte 78 Tote, 104 Menschen haben überlebt.
Die griechischen Behörden baten am Wochenende die europäische Polizeibehörde Europol um Hilfe bei den Ermittlungen. Neun mutmassliche Schleuser, die an Bord des untergegangenen Kutters waren, gerettet und dann festgenommen wurden, sollen einer grossen Bande angehören. Die Fahnder wollen jetzt die Hinterleute des Schleuserrings ermitteln – insbesondere in Ägypten und Italien.
Die Küstenwache setzte sich gegen Vorwürfe zur Wehr. Ihnen wird vorgeworfen, bei den Tod der bis zu 700 Menschen an Bord des Schiffes in Kauf genommen zu haben.
Die Suche nach geht weiter
Angeblich bot ein Patrouillenboot Hilfe an – was von den Menschen an Bord des Kutters aber abgelehnt worden sei. Zudem müssen die 78 geborgenen Todesopfer identifiziert und die 104 Überlebenden registriert werden. An der Unglücksstelle wurde weiter gesucht – ohne Erfolg. Hoffnung, jetzt noch Überlebende zu finden, gibt es keine mehr.
Die Katastrophe vor Griechenlands Küste löste international Entsetzen aus. Papst Franziskus sagte am Sonntag in Rom, mit «grosser Trauer und viel Schmerz» habe er davon erfahren.
Er mahnte, «alles Mögliche zu tun, damit solche Tragödien sich nicht wiederholen». Gemeinsam mit der italienischen Polizei und der europäischen Polizeibehörde Europol wollen die Griechen nun die Drahtzieher der Schleuserbande ermitteln. Nach dem Unglück wurden neun Ägypter zwischen 20 und 40 Jahren festgenommen, die zu den Überlebenden gehören.
Vorwürfe gegen die Küstenwache
Die Bande soll in den vergangenen Monaten bis zu 18 Fahrten übers Mittelmeer aus Libyen nach Italien organisiert haben. Einer der Männer habe zugegeben, Geld dafür erhalten zu haben, um während der Reise Arbeiten am Schiff vorzunehmen.
Das berichteten griechische Medien. Die anderen Männer sollen bislang alle Vorwürfe abstreiten. Von vielen Seiten gab es Vorwürfe, dass die Küstenwache nach Entdeckung des Kutters nicht eingeschritten sei.
Einige Medien zitierten Überlebende, die Küstenwache habe den Untergang sogar erst verursacht. Dies, indem sie das Boot Richtung Italien habe schleppen wollen.
Hilfe vor dem Unglück sei abgelehnt worden
Am Sonntag veröffentlichte die griechische Zeitung «Kathimerini» das Protokoll eines Berichts. Dieser soll der Kommandeur des Patrouillenboots 920 seinen Vorgesetzten gegeben haben. Demzufolge bot der Kapitän dem völlig überfüllten Fischkutter etwa zwei Stunden vor dem Unglück Hilfe an. Das sei von dort aber abgelehnt worden.
«Wir näherten uns dem Schiff, um seinen Zustand und den der Passagiere zu überprüfen und erneut Hilfe anzubieten». So zitierte die Zeitung den Kapitän, dessen Name nicht veröffentlicht wurde.
Dann hätten die Beamten am Bug des Schiffs ein Seil befestigt. Von Bord seien jedoch Rufe wie «No Help» und «Go Italy» zu hören gewesen.
Man brauche keine Hilfe, Ziel sei Italien. «Trotz wiederholter Appelle, ob sie Hilfe brauchten, ignorierten sie uns und machten gegen 23.57 Uhr das Seil los.»
Das Patrouillenboot habe das Boot dann im Abstand von 200 Metern begleitet, gab der Kapitän an. Um 1.40 Uhr habe der Kutter erneut angehalten.
Dann habe sich das Boot langsam geneigt. Unter den Passagieren habe es Aufruhr gegeben, auch Schreie seien zu hören gewesen. Innerhalb einer Minute sei das Boot dann jedoch gekentert. Das Mittelmeer ist an dieser Stelle etwa 5000 Meter tief.