Israel-Krieg: Jetzt steigt der Druck auf Israel, Krieg zu beenden
Waffenruhe gegen Geisel-Befreiung: Im Israel-Krieg haben sich die Konfliktparteien vorübergehend einigen können. Jedoch ist unklar, wie es jetzt weitergeht.
Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Geisel-Deal nimmt der Druck auf Israel zu.
- Für die Befreiung der Gefangenen muss die Regierung ihre Prinzipien über Bord werfen.
- Dennoch ist die Einigung für viele Akteure in der Region eine gute Nachricht.
Nach langem Hin und Her konnten sich Israel und die Hamas in der vergangenen Woche auf eine Waffenruhe im Israel-Krieg einigen. Die Hamas und die Israelis liessen Gefangene der jeweils anderen Seite frei. Viele Geiseln, die am 7. Oktober in den Gazastreifen verschleppt wurden, sind wieder zu Hause.
Nun stellt sich die Frage, wie es im Israel-Krieg nach diesem Deal weitergeht und für wen die Einigung gut ist.
Andreas Böhm, Nahost-Experte von der Universität St. Gallen, sagt auf Anfrage von Nau.ch: «Wie es weitergeht, ist im Moment eine offene Frage.»
Doch: Denkbar ist laut Böhm, dass der Druck auf Israel zunimmt. Denn aufgrund der Waffenruhe konnten Journalisten die Lage im Gazastreifen wieder dokumentieren. Gepaart mit den Opferzahlen entstehe ein «grösserer moralischer Druck», den Israel-Krieg zu beenden.
Etwas anders sieht es Israel selbst, wie Böhm ausführt: «Israel hingegen will nach der Waffenruhe die Angriffe gegen die Hamas fortführen. Und wird dies fürs Erste wohl auch tun können.» Entscheidend werde sein, wie sich die USA in dieser Frage positionieren.
Geisel-Deal im Israel-Krieg ist ein Dilemma
Doch wer profitiert jetzt eigentlich vom Geisel-Deal?
Im Falle Israels muss man differenzieren, sagt Andreas Böhm: «Zunächst einmal ist die Befreiung der Geiseln eine ausnahmslos gute Nachricht für die Angehörigen und die israelische Zivilgesellschaft.» Deswegen sei zu hoffen, dass auch die anderen Geiseln bald freikommen.
Etwas anders sieht es für die politische Elite des Landes um Ministerpräsident Benjamin Netanjahu aus. Böhm erklärt: «Für die israelische Regierung stellen die Verhandlungen ein Dilemma dar, will man die Hamas doch eliminieren. Ihren Anspruch, mit Terroristen nicht verhandeln zu wollen, muss sie aufgeben.»
So gesehen kann die Hamas sicherlich vom Geisel-Deal inklusive der ausgehandelten Waffenruhe profitieren.
Für die anderen Länder in der Region ist die Einigung ebenfalls weitgehend positiv. Böhm sagt: «Zunächst ist die Gefahr, dass der Konflikt sich in der Region ausbreitet, zwar nicht gebannt, aber etwas eingedämmt worden.» Das sei beispielsweise für den Libanon, für Jordanien oder für Ägypten eine grosse Erleichterung.
In einer etwas komplizierteren Lage ist Katar, das massgeblich an der Ausarbeitung des Geisel-Deals beteiligt war. Dies, weil man als Patron des politischen Arms der Hamas besonders im Fokus stehe, wie Böhm erklärt: «Bei einer späteren Aufarbeitung wird es sich kritischen Fragen stellen müssen. Wenn es den Terrorangriff schon nicht verhindern konnte, hat es nun eine Verantwortung, um die Geiseln freizubekommen.»
Katar unterhält enge Beziehungen zur Hamas. Die Palästinenser-Organisation hat seit 2012 ein Büro in der Hauptstadt Doha. Hamas-Anführer Ismail Haniyeh lebt selbst in Katar.
Am Freitag ist die siebentägige Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas ausgelaufen. Man habe die Kämpfe wieder aufgenommen, teilte die israelische Armee am Morgen mit. Zudem warf man der Hamas vor, schon vor Ablauf der Waffenruhe wieder Angriffe gefahren zu haben. Zuvor war lange unklar, ob der Deal erneut verlängert wird oder nicht.