Kurdischer Flüchtling gewinnt wichtigen australischen Literaturpreis
Dass ein Schriftsteller einen Literaturpreis nicht persönlich entgegennehmen kann, kommt schon mal vor. Doch bei Behrouz Boochani sind es keine StarAllüren.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein kurdischer Flüchtling erhält einen wichtigen Literaturpreis.
- Da er aber in einem «Auffanglager» lebt, kann er den Preis nicht annehmen.
- Der Autor spricht von einer barbarischen Politik Australiens.
Einer der wichtigsten australischen Literaturpreise geht in diesem Jahr an einen kurdischen Flüchtling, der seit Jahren auf einer abgelegenen Pazifik-Insel ausharren muss. Der iranische Kurde Behrouz Boochani bekam am Donnerstag in Melbourne den Literaturpreis des Bundesstaats Victoria zugesprochen. Die Auszeichnung ist mit 100 000 australischen Dollar (etwa 63 500 Euro) dotiert. Boochani konnte sie nicht selber entgegennehmen. Er darf die Insel Manus, wo er seit 2013 lebt, nicht verlassen.
Australia's system of torture and death has multiple sites onshore and offshore. Sadly, another victim in Villawood, Sydney today. For how many years do you want to kill people in this way?
— Behrouz Boochani (@BehrouzBoochani) January 25, 2019
Der Asylbewerber bekam den Victorian Prize für Literature für «No Friend But the Mountains: Writing from Manus Prison» (in etwa: «Kein Freund ausser den Bergen: Texte aus dem Gefängnis Manus»). Zudem wurde sein Erstlingswerk mit dem Preis als bestes Sachbuch bedacht, dotiert mit weiteren 25 000 Dollar (knapp 16 000 Euro). Nach Medienberichten ist dies die höchste Preissumme, die bislang in Australien für Literatur vergeben wurde.
Buch per SMS geschrieben
Boochani schrieb das Buch nach Angaben seines Verlags mit SMS-Nachrichten, die er aus Manus an Helfer in Australien schickte. Die Insel gehört zu Australiens Nachbarland Papua-Neuguinea. Australien bringt dort seit 2013 Asylsuchende aus verschiedenen Staaten unter, die mit Booten versucht hatten, ins Land zu kommen, aber nicht hereingelassen wurden. Die Bedingungen dort werden von Ärzten und Flüchtlingshelfern als menschenrechtswidrig angeprangert. Australien steht deshalb auch international in der Kritik.
In Abwesenheit Boochanis nahm sein Übersetzer Omid Tofighian den Preis entgegen. Der Preisträger selbst sprach in einem Interview der Zeitung «The Age» von «paradoxen Gefühlen». «Ich will das nicht feiern, solange ich um mich herum immer noch so viele unschuldige Menschen leiden sehe», sagte er. «Gebt uns Freiheit. Wir haben keine Verbrechen begangen. Wir suchen nur Asyl.» Australien hielt er vor, eine «barbarische Politik» zu betreiben.
Boochani hatte mehrere Jahre lang mit Hunderten anderer Flüchtlinge in einem Auffanglager hinter Stacheldraht gelebt. Nachdem Papua-Neuguineas oberstes Gericht das Lager für illegal erklärt hatte, ist er nun anderswo auf der Insel untergebracht. Nach Angaben seines Verlags hat er vom Studium in Teheran einen Abschluss in Politikwissenschaften. Er bezeichnet sich als Journalist, Schriftsteller und Filmemacher.