Nach der Flut-Katastrophe wird in Libyen noch immer nach Vermissten gesucht. Wegen starken Winden wurden die Leichen teils an weit entfernte Strände gespült.
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Ein Mann beobachtet nach der verheerenden Flut-Katastrophe in Libyen einen Strand. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Libyen steht nach der verheerenden Flut vor einer humanitären Katastrophe.
  • Viele Leichen wurden am Freitag an die Küsten der nahe gelegenen Städte gespült.
  • Helfer warnen derweil vor überhasteten Beerdigungen – aus Rücksicht auf die Familien.
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Vergangenen Sonntag fegte der Sturm «Daniel» über Libyen hinweg – und hinterliess eine Schneise der Verwüstung. Von der Katastrophe betroffen sind dem UN-Nothilfebüro (OCHA) zufolge rund 884'000 Menschen. Mindestens 250'000 davon seien dringend auf Hilfe angewiesen.

Das Rote Kreuz zählt bisher mindestens 11'300 Todesopfer, rund 10'000 Menschen gelten noch immer als vermisst. Die Bergung gestaltet sich als schwierig. Schlamm und Trümmer liegen stellenweise einige Meter hoch.

Viele Leichen seien an die Küsten der nahe gelegenen Städte gespült worden, berichtet etwa der Ingenieur Nasir Almnsori gegenüber der BBC. Er lebt 150 Kilometer von der schwer getroffenen Hafenstadt Darna entfernt. Am Strand seien am Freitag mehrere Flut-Opfer entdeckt worden.

«Das Meer spuckt ständig Leichen aus», sagt auch der Zivilie Luftfahrtmeister, Hichem Abu Chkiouat, gegenüber dem «Guardian».

Der Leiter des Medienzentrums des Libyschen Roten Halbmonds, Salem al-Naas, führt dies auf die «starken Winde» in dieser Nacht zurück.

Umgang mit Todesopfern

Zunächst wurde befürchtet, dass die vielen Todesopfer zur Verbreitung von Epidemien beitragen könnten. Denn Leichen könnten dann Probleme verursachen, wenn sie in der Nähe von Wasserquellen lägen, sagte Bilal Sablouh. Er ist bei der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften (IFRC) für Forensik in Afrika zuständig. Austretende Körperflüssigkeiten könnten Wasserquellen verunreinigen.

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Heftige Unwetter richteten in der libyschen Stadt Darna am Sonntag grosse Schäden an.
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Der Bürgermeister befürchtet bis zu 20'000 Todesopfer.
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Die Behörden fürchten nun eine Ausbreitung von Krankheiten und suchen nach Spezialisten für die Bergung der Leichen.
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Derweil läuft die internationale Hilfe für das nordafrikanische Land langsam an.

Wenn davon getrunken werde, könne dies Durchfallerkrankungen auslösen. Aber solange Leichen nicht mit Wasserquellen in Berührung kämen, seien sie keine Gesundheitsbedrohung, betonte er.

Psychische Folgen für Familien

Humanitäre Organisation warnen davor, Todesopfer überhastet in Massengräbern zu bestatten. Es sei wichtig, an die Angehörigen zu denken: Diese müssten für den Trauerprozess und ihre mentale Gesundheit wo immer möglich ihre Familienmitglieder würdig bestatten können.

Die Föderation hat nach den verheerenden Überschwemmungen Leichensäcke und ausgebildete Experten in das Katastrophengebiet geschickt.

Haben Sie schon einmal eine Überflutung miterlebt?

Die Leichen müssten untersucht, Kleidung und Merkmale registriert und Leichensäcke gekennzeichnet werden. Dies sagte Bilal Sablouh, bei der Föderation für Forensik in Afrika zuständig. Massengräber müssten kartografiert werden, damit sterbliche Überreste später gefunden und bei entsprechendem Wunsch von Angehörigen umgebettet werden können. Verbrannt werden sollten nur Leichen, die identifiziert worden seien.

«Lokalen Behörden und Gemeinden können unter enormem Druck stehen, die Toten schnell zu beerdigen», sagte Sablouh. «Aber die Folgen eines falschen Umgangs mit den Toten kann lang anhaltende psychische Belastungen für die Familienmitglieder sowie soziale und rechtliche Probleme sein.»

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