Menschenrechtler: Wahl in Tunesien wird «reine Formalität»
Tunesien steht vor einer Präsidentschaftswahl, doch die Chancen für eine faire Wahl schwinden.
Gut sechs Wochen vor der Präsidentschaftswahl in Tunesien beschreiben Menschenrechtler eine zunehmende Unterdrückung der Kritiker von Staatschef Kais Saied. «Tunesiens Behörden haben fast alle ernsthaften Kandidaten aus dem Rennen um die Präsidentschaft entfernt.» Dies teilte die Organisation Human Rights Watch mit.
Nachdem acht mögliche Kandidaten zu Haftstrafen verurteilt wurden oder zu einem lebenslangen Verbot, bei Wahlen anzutreten, werde nun «begraben, was von Tunesiens Demokratie noch übrig ist». Die Wahl werde zu einer reinen Formalität. Präsident Saied hat 2019 die Präsidentschaftswahl gewonnen und seit 2021 immer mehr Macht auf sich konzentriert, unter anderem durch eine umstrittene neue Verfassung. Dutzende prominente Oppositionelle und Aktivisten wie auch Journalisten und Anwälte wurden festgenommen.
Kritische Stimmen werden zum Schweigen gebracht
Kritische Stimmen und das Recht auf freie Meinungsäusserung würden immer weiter unterdrückt, hiess es von Human Rights Watch. Unter den Betroffenen ist unter anderem Abir Moussi, eine prominente und bereits inhaftierte Kritikerin Saieds, die zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde nach Vorwürfen der «Verbreitung von Falschnachrichten und Gerüchten». Saied hatte kürzlich erklärt, dass auf niemanden Druck ausgeübt worden sei.
«Diejenigen, die von Hürden und Problemen sprechen, wollen Chaos, Zwietracht, Gerüchte und Lügen verbreiten», sagte er Anfang August. Die Präsidentschaftswahl in Tunesien ist für 6. Oktober geplant. Zugelassen sind aktuell nur drei Kandidaten, darunter Amtsinhaber Saied.
Zuvor galt das kleine Land in Nordafrika als einziges, das nach den Aufständen in der arabischen Welt ab 2011 den Übergang zur Demokratie schaffte. Viele Tunesier haben inzwischen das Vertrauen in die Regierung verloren.