Apple Pay für Sparkassen-Kunden auch mit Girocard
Beim Start von Apple Pay in Deutschland Ende 2018 winkten die Sparkassen noch ab und beschränkten sich auf die Rolle des Beobachters. Nun könnten ausgerechnet die Nachzügler dem Bezahlen mit dem Smartphone in Deutschland zum grossen Durchbruch verhelfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Kontaktloses Bezahlen erlebt in Deutschland in der Corona-Pandemie einen Boom.
Davon profitiert auch Apple Pay, das Smartphone-Bezahlverfahren von Apple.
Doch beim Bäcker um die Ecke, am Parkautomaten oder bei Behörden wie den Bürgerämtern in Berlin kommt man mit dem iPhone oder der Apple Watch bislang nicht weit. Die Bezahlterminals dort unterstützen zwar kontaktloses Bezahlen, sind aber vollständig auf die in Deutschland populäre Girocard ausgerichtet, so dass dort Mastercard oder Visa nicht akzeptiert werden. Apple Pay konnte aber bisher nur verknüpft mit diesen genutzt werden.
Dies wird sich zumindest für die Kunden von 373 Sparkassen in Deutschland künftig ändern: Sie können auch ihre Girocard für Zahlungen mit Apple Pay verwenden. Die lange erwartete Funktion wurde am Dienstagvormittag aktiviert. Damit steht das Smartphone-Bezahlverfahren von Apple in Deutschland deutlich mehr Kunden zur Verfügung als bisher - denn bislang konnte Apple Pay nur in Verbindung mit einer Kredit- oder Debitkarte von Anbietern wie Mastercard oder Visa verwendet werden. Nun kommen rund 46 Millionen Sparkassen-Cards, wie die Girocard bei Sparkassen heisst, hinzu. Das sind immerhin knapp die Hälfte der rund 100 Millionen Girocards in Deutschland insgesamt.
«Mit der Integration der Girocard in Apple Pay leisten die Sparkassen einen entscheidenden Beitrag dazu, dass sich das mobile Bezahlen hierzulande rasch durchsetzt», sagte Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands. Diese Botschaft ist auch in der Apple-Zentrale in Kalifornien angekommen. Jennifer Bailey, Vice President für Internet Services bei Apple, würdigte den Start der Girocard der Sparkassen bei Apple Pay eigens mit einem Statement: «Wir freuen uns sehr, die in Deutschland so beliebte Girocard mit den Sparkassen bei Apple Pay einzuführen, einen noch sichereren und vertraulichen Weg, um mithilfe von iPhone oder Apple Watch zu bezahlen.»
In Deutschland sind Girocards, die von vielen noch umgangssprachlich mit dem im Jahr 2007 abgeschafften Markennamen EC-Karte bezeichnet werden, deutlich populärer als klassische Kredit- und Debitkarten. Kontaktlose Girocards und Apple Pay der Sparkassen können an mehr als 756.000 Kartenzahlungsterminals in Deutschland eingesetzt werden - darunter auch die Terminals, die keine Kreditkarten akzeptieren.
Mit Apple Pay können die Kunden mit dem iPhone und der Computer-Uhr Apple Watch an der Ladenkasse wie mit einer kontaktlosen Karte bezahlen. Die Nutzer geben die Transaktionen über die iPhone-Gesichtserkennung Face ID oder den Fingerabdruck-Scanner frei. Dadurch liegt die Betrugsrate nach übereinstimmenden Angaben von Apple und teilnehmenden Banken praktisch bei Null.
In Deutschland haben nach einer repräsentativen Innofact-Umfrage zum mobilen Bezahlen im Auftrag von Verivox zwar bereits vier von zehn Befragten (39 Prozent) schon einmal mit dem Smartphone bezahlt. Für die grosse Mehrheit der Verbraucher ist das Smartphone aber nicht das alltägliche Zahlungsmittel: Nur 13 Prozent der Befragten würden einen 20-Euro-Einkauf im Supermarkt mit dem Smartphone bezahlen (Apple Pay, Google Pay, Apps der Händler). 41 Prozent sagten, sie zahlen mit EC-Karte, 36 Prozent bar mit Scheinen und Münzen und 9 Prozent mit der Kreditkarte.
«Trotz des Booms für kontaktlose Bezahlverfahren in der Corona-Krise ist das Smartphone als Zahlungsmittel noch nicht im Alltag der meisten Verbraucher angekommen», sagte Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH. Das liege auch daran, dass die Bezahldienste von Apple und Google bislang nur in Verbindung mit einer Kreditkarte funktionierten. «Die meisten Verbraucher in Deutschland bezahlen lieber mit der Girocard, bei der Ausgaben direkt vom Konto abgebucht werden.» Dass die Sparkassen jetzt die Verknüpfung der Girocard mit Apple Pay ermöglichen, könnte sich als bedeutender Meilenstein für die Akzeptanz des Smartphones als Zahlungsmittel erweisen.
Beim Einsatz von Apple Pay mit einer verknüpften Girocard müssen die Kunden vorläufig kleinere Einschränkungen in Kauf nehmen. So kann Apple Pay mit der Girocard nicht für Einkäufe im Internet verwendet werden, was bei einer verknüpften Kredit- oder Debitkarte möglich ist. Ausserdem ist die Verwendung im Ausland noch nicht möglich. Die Sparkassen kündigten an, das Einkaufen mit Apple Pay und der Girocard in Apps oder im Web werde ab Anfang 2021 möglich sein.
Für den Kunden ist der Dienst kostenlos. Und auch für den Händler unterscheiden sich die Kosten im Vergleich zur Akzeptanz von Plastikkarten nicht. Apple verlangt pro Transaktion eine kleine Provision, deren Höhe als Geheimnis gehütet wird. Trotzdem haben die Sparkassen ein Interesse daran, die modernste Form des bargeldlosen Bezahlens voranzutreiben, auch weil der Umgang mit Banknoten und Münzen mit Kosten und Sicherheitsrisiken verbunden ist. Und dabei ist die Variante mit der Girocard eindeutig der Favorit, weil damit zumindest kein Geld an Mastercard oder Visa fliesst.
Apple Pay wird mit dem iPhone ab Version 6s und mit Apple Watch ab Series 1 unterstützt. Die Sparkassen-Kunden benötigen zur Aktivierung von Apple pay mit der Girocard weiterhin einen Zugang zum Online-Banking ihrer Sparkasse und die aktuelle Version der Sparkassen-App.
Für Nutzer eines Android-Smartphones bieten die Sparkassen und VR-Banken eigene Bezahl-Apps an. Eine Unterstützung für Google Pay gibt es nicht - weder für Kreditkarten noch für die Girocard. Bislang gibt es in Deutschland keine Bank, die eine Girocard-Anbindung unter Google Pay anbietet oder offiziell plant. Für Apple Pay haben sich die Sparkassen bislang die Girocard-Anbindung exklusiv gesichert.