Syrien: UN-Sondergesandter warnt vor zu schneller Rückführung
Am Sonntag wurde Machthaber Baschar al-Assad in Syrien von islamistischen Rebellen unter der Leitung der HTS gestürzt. Das Neuste gibt es im Nau.ch-Ticker.
Das Wichtigste in Kürze
- In Syrien haben die Rebellen am Sonntagmorgen die Assad-Regierung gestürzt.
- Der Machthaber und seine Familie sind geflüchtet und sollen sich in Moskau befinden.
Das Assad-Regime in Syrien ist am Ende. Die Rebellen-Allianz in dem Land hat in nur eineinhalb Wochen mehrere Grosstädte eingenommen. In der Nacht auf Sonntag schliesslich auch die Hauptstadt.
Die Rebellen-Allianz meldete anschliessend den Sturz der Regierung. «Wir verkünden, dass die Hauptstadt Damaskus befreit wurde.» Gerichtet an die Millionen Flüchtlinge, die durch den Bürgerkrieg vertrieben wurden, erklärten die Aufständischen: «An die Vertriebenen weltweit, ein freies Syrien erwartet euch.»
Baschar al-Assad soll inzwischen mit seiner Familie nach Russland geflohen sein. Der russische Machthaber Wladimir Putin habe ihn persönlich Asyl gewährt, so Medienberichte.
Schweiz sanktioniert drei ehemalige Minister von Assad
16.52: Die Schweiz hat Massnahmen gegen drei Minister des gestürzten Assad-Regimes verordnet. Sie treten heute um 18.00 Uhr in Kraft. Firas Hassan Qaddour, Ahmed Mohammad Bustaji und Louai Emad El-Din al-Munajjid sind neu auf der Sanktionsliste.
Falls die Minister Geld in der Schweiz haben, wird dieses gespeert. Ausserdem dürfen sie nicht mehr durch oder in die Schweiz reisen.
14.10: Mohammed Al-Baschir wird zum Übergangspremierminister der syrischen Übergangsregierung bis zum 1. März 2025 ernannt.
Al-Baschir unterhält enge Verbindungen zu HTC. Zuvor leitete er die «Regierung der nationalen Rettung» mit Sitz in Idlib. Sein Name kursierte als wahrscheinlichster Kandidat für den Posten des Premierministers der Übergangsregierung.
UN-Sondergesandter warnt vor zu schneller Syrien-Rückführung
14.05: Der UN-Sondergesandte für Syrien, Geird Pedersen, warnt europäische Staaten davor, syrische Flüchtlinge zu früh zurückzuführen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
«Die Lage in Syrien ist immer noch unklar», sagte Pedersen auf einer Pressekonferenz in Genf. Viele Syrer würden zwar gerne in ihre Heimat zurückkehren.
Aber «es gibt immer noch Probleme mit der Existenzsicherung», so der UN-Sondergesandte. «Die humanitäre Lage ist katastrophal. Die Wirtschaft ist zusammengebrochen.»
Die Rückkehr sei etwas, «auf das viele, viele Syrer hoffen». Aber man müsse sicherstellen, dass die internationale Gemeinschaft ihnen bei diesem Prozess helfe, so Pedersen.
Assad hat selbst über seinen Rücktritt entschieden – sagt der Kreml
12.50: Syriens langjähriger Machthaber Baschar al-Assad hat nach Darstellung des Kremls persönlich und selbständig über seinen Rücktritt entschieden.
«Der Rückzug vom Prozess der Ausübung der Pflichten des Staatsoberhaupts war die individuelle Entscheidung Assads.» Das sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Agenturen zufolge. Zur Rolle Moskaus dabei wollte er sich nicht weiter äussern.
12.13: Seit dem Sturz des Assad-Regimes am Wochenende herrschte in Syrien Ausnahmezustand. Nun kehrt das normale Leben langsam wieder in das Land zurück, wie «Reuters» berichtet. In Damaskus öffnen Banken und Geschäfte ihre Türen und die Strassen füllen sich wieder.
4000 Iraner haben Syrien seit dem Umsturz verlassen
11.12: Innerhalb von nur drei Tagen haben rund 4000 iranische Staatsangehörige Syrien verlassen. Wie Irans Regierungssprecherin Fatemeh Mohadscherani in Teheran sagte, erfolgte die Ausreise auf zehn dafür organisierten Flügen der iranischen Airline Mahan.
Iran war neben Russland der wichtigste Verbündete von Machthaber Baschar al-Assad. Syrien war Teil der sogenannten Widerstandsachse und Irans Landkorridor zum Libanon, wo die Staatsführung die Schiitenorganisation Hisbollah unterstützte. Dies war Teil der iranischen Strategie, dem Erzfeind Israel zu begegnen.
Israelische Armee steht offenbar 25 Kilometer vor Damaskus – Militär dementiert
10.33: Teile der israelischen Armee stehen laut Reuters-Berichten nur noch 25 Kilometer vor der syrischen Hauptstadt Damaskus. Das teilen syrische Sicherheitsquellen am Dienstag mit.
Der Vormarsch Israels kommt, nachdem sie über Nacht Luftangriffe auf syrische Armee- und Luftwaffenstützpunkte geflogen hatte. Zudem hat die israelische Armee eine Pufferzone in Südsyrien erobert.
Israel erklärt jedoch, dass es sich nicht in den Konflikt in Syrien einmischen wolle. Die Einnahme der Pufferzone sei eine defensive Massnahme gewesen. Zu einer Stellungnahme betreffend dem Vorrücken auf Damaskus war man zuerst nicht bereit, berichtet Reuters.
Mittlerweile hat die israelische Armee die Berichte aber dementiert. «Das ist nicht wahr», sagte ein Militärsprecher. Die Streitkräfte hätten die Pufferzone auf den Golanhöhen nicht verlassen.
Pro-türkische Rebellen erobern Manbidsch
09.26: Nach schweren Gefechten haben pro-türkische Rebellen die nordsyrische Stadt Manbidsch von Kurdenmilizen eingenommen. Die Türkei hält mit Unterstützung der aus mehreren Rebellengruppen bestehenden Syrisch Nationalen Armee Grenzgebiete in Nordsyrien besetzt.
Die Syrische Nationale Armee, die von Ankara unterstützt wird, übernahm die Kontrolle über die Grenzstadt zur Türkei. Das bestätigen die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit Sitz in Grossbritannien und Aktivisten der Deutschen Presse-Agentur.
Der Übernahme waren zweiwöchige Kämpfe vorausgegangen, parallel zum Vormarsch der von Islamisten angeführten Rebellen-Allianz Richtung Damaskus. In Manbidsch leben rund 70'000 Einwohner.
Al-Dschulani setzt Kopfgeld auf Assad-Schergen aus
08.31: HTS-Chef Mohammed al-Dschulani hat angekündigt, eine Liste der an Folter beteiligten Ex-Beamten Assads zu veröffentlichen. «Wir werden Belohnungen für jeden anbieten, der Informationen über hochrangige Armee- und Sicherheitsoffiziere liefert, die in Kriegsverbrechen verwickelt sind.» Das teilte der HTS-Chef am Montag via Telegram mit.
06.40: Nach dem Sturz von Baschar al-Assad sind zahlreiche Menschen zum berüchtigten Gefängnis Saidnaja geströmt. Dies, um nach seit Jahren inhaftierten Angehörigen zu suchen. Wie AFP-Journalisten berichteten, versammelten Tausende vor der Haftanstalt nördlich von Damaskus.
Vor Ort sagte die 65-jährige Aida Taha, sie sei auf der Suche nach ihrem 2012 verhafteten Bruder. Sie sei «wie eine Verrückte» zum Saidnaja-Gefängnis gelaufen – in der Hoffnung, ihn dort zu finden.
UN-Sicherheitsrat will wegen Syrien abwarten
05.36: UN-Sicherheitsrat will wegen der vielen Entwicklungen in Syrien vorerst «abwarten». Deshalb sei man in der aktuellen Situation nicht in der Lage, eine Stellungnahme abzugeben.
«Niemand hatte erwartet, dass die syrischen Streitkräfte wie ein Kartenhaus zusammenbrechen würden», sagte der stellvertretende US-Botschafter Robert Wood. Die Lage sei «äusserst dynamisch» und werde sich voraussichtlich von Tag zu Tag ändern, ergänzte er. «Wir müssen abwarten, wie sich dies weiterentwickelt.»
Fragen zur möglichen Streichung der islamistischen HTS von der UNO-Sanktionsliste, die die Rebellengruppe anführte, wurden in der Sitzung nicht behandelt. Dies erklärten sowohl der russische als auch der US-amerikanische Vertreter.
Keine Gefangenen mehr im Folter-Knast
03.51: Die als «Weisshelme» bekannten Bürgerrechtsaktivisten in Syrien haben laut ihrem Leiter alle Gefangenen aus dem berüchtigten Saidnaja-Gefängnis befreit. Raid Al Saleh berichtet, es seien rund 150'000 Menschen in Saidnaja inhaftiert gewesen.
Unter den Inhaftierten waren laut der Organisation Tausende unschuldige Zivilisten, «die vom früheren Assad-Regime eingekerkert wurden». Überlebende und Angehörige hätten vermutet, dass einige Häftlinge noch immer in verschlossenen Zellen und Geheimräumen festsässen. Viele dieser Hoffnungen seien nun schmerzlich enttäuscht worden.
Mithilfe von Spürhunden und Insidern, die mit dem Gefängnis vertraut seien, hätten fünf Suchteams den gesamten Komplex durchkämmt. «Alle Eingänge, Ausgänge, Luftschächte, Abwasseranlagen, Wasserrohre, Kabelschächte und Überwachungskameras wurden überprüft», so die Weisshelme.
In der syrischen Bevölkerung war das Gefängnis wegen der brutalen Wärter und den grausamen Foltermethoden als «Schlachthaus» bekannt.
Auch Italien und Grossbritannien setzen Asylverfahren aus
02.07: Angesichts der Lage in Syrien setzen auch Grossbritannien und Italien vorläufig ihre Asylverfahren für Menschen aus dem Bürgerkriegsland aus. Damit folge man dem Beispiel anderer europäischer Partner, teilte die italienische Rechtsregierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit.
Auch in der Schweiz und in Deutschland wurden Asylanträge von Syrerinnen und Syrern vorläufig ausgesetzt.
01.39: Der UN-Sicherheitsrat hat in New York zur Lage in Syrien getagt. Nach dem Treffen sagte der russische UN-Botschafter Wassili Nebensja zu Journalisten: «Der Rat war sich mehr oder weniger einig. Mit Blick auf die Notwendigkeit, die territoriale Integrität und Einheit Syriens zu bewahren.»
Man wolle auch den Schutz der Zivilisten sichern und sicherstellen, dass humanitäre Hilfe zu der bedürftigen Bevölkerung kommt. «Alle sind von den Ereignissen in Syrien überrascht worden», so Nebensja weiter. Nun müsse man abwarten, wie sich die Situation weiter entwickle.
01.05: Assads Baath-Partei will den politischen Übergang in Syrien unterstützen. «Wir werden für eine Übergangsphase in Syrien sein mit dem Ziel, die Einheit des Landes zu verteidigen.» Das teilte der Generalsekretär der Partei Medienberichten zufolge mit.
Seit den 1960er Jahren war die Baath-Partei in Syrien die Regierungspartei. Sie verhalf Baschar al-Assads Vater Hafis an die Macht. Dieser regierte das Land bis zu seinem Tod im Jahr 2000. Im Irak war sie die Partei des später getöteten Saddam Hussein.