Taliban: China und Russland unterstützen Einzug in Kabul
China und Russland scheinen bereit zu sein, die Herrschaft der Taliban im benachbarten Afghanistan nach dem Einzug in Kabul offiziell anzuerkennen.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Taliban haben innert eineinhalb Wochen mehrere Provinzen Afghanistans erobert.
- Die meisten Weltmächte zögern, die Herrschaft der Taliban anzuerkennen.
- China und Russland scheinen die Regierung der Islamisten anzuerkennen.
In knapp zwei Wochen haben die Taliban Provinz für Provinz in Afghanistan erobert. Gestern Abend sind sie auch in der Hauptstadt Kabul eingerückt. Nur wenige Stunden nach der Flucht des afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani haben die Islamisten den Präsidentenpalast eingenommen.
US-Präsident Joe Biden hat deshalb 1000 Soldaten nach Afghanistan geschickt. Sie sollen unter anderem dabei helfen, das Botschaftspersonal aus Kabul zu evakuieren. Biden verteidigte den Abzug am Samstag erneut. Eine endlose amerikanische Präsenz inmitten eines Bürgerkriegs in einem anderen Land sei für ihn nicht akzeptabel gewesen.
China und Russland unterstützen Taliban
Die meisten Weltmächte zögern, die Herrschaft der Taliban anzuerkennen – nicht aber China und Russland. In China wurde im Juli von den staatlichen Medien eine Reihe von Fotos veröffentlicht, auf denen Aussenminister Wang Yi Schulter an Schulter mit besuchenden Taliban-Vertretern in traditioneller Tunika und Turban in Tianjin zu sehen ist. Nach ihrem Treffen mit Wang erklärten die Taliban, sie hofften, dass China eine grössere wirtschaftliche Rolle spielen könne.
Unterdessen erklärte der Kreml, es gebe keine Pläne, die russische Botschaft in Kabul zu evakuieren. Russische Staatsmedien berichteten, die militante Gruppe habe versprochen, die Sicherheit ihres diplomatischen Personals zu gewährleisten.
Die Organisation habe «gute Beziehungen zu Russland» und verfolge «im Allgemeinen eine Politik, die sichere Bedingungen für das Funktionieren der russischen und anderer Botschaften gewährleistet», zitierte die Nachrichtenagentur AP Suhail Shaheen, einen Taliban-Sprecher.
Johnson: «Taliban nicht bilateral anerkennen»
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärte, sein Land werde sich gemeinsam mit Pakistan für Stabilität in Afghanistan einsetzen. Bei einer Marinezeremonie sagte er, Pakistan habe eine «lebenswichtige Aufgabe», um Frieden und Stabilität in Afghanistan zu schaffen. Dazu sei eine türkisch-pakistanische Zusammenarbeit erforderlich, und die Türkei werde alle Möglichkeiten nutzen, um dies zu erreichen, fügte Erdogan hinzu.
Der britische Premierminister Boris Johnson hat derweil versprochen, möglichst viele der Afghanen, die mit dem Vereinigten Königreich zusammengearbeitet haben, aus dem Land zu holen. Johnson nannte die Situation in Afghanistan «extrem schwierig». Das Vereinigte Königreich sei aber entschlossen, zu verhindern, dass das Land erneut zu einer «Brutstätte des Terrors» werde. «Wir wollen nicht, dass jemand die Taliban bilateral anerkennt», so Johnson.