Taliban wollen Weltmarkt mit Heroin und Opium fluten
Das Wichtigste in Kürze
- Nach der Machtübernahme in Afghanistan müssen die Taliban Gelder beschaffen.
- Als wichtiger Wirtschaftszweig der Islamisten gilt der Anbau von Schlafmohn.
- Experten erwarten, dass weltweit das Angebot von Heroin und Opium steigen wird.
Die Taliban haben die Kontrolle über Afghanistan übernommen. Mit seiner Flucht vor den Islamisten hat Präsident Aschraf Ghani eine verängstigte Bevölkerung zurückgelassen – und ein wirtschaftlich marodes Land. Die Taliban dürften deshalb Schwierigkeiten damit haben, die nötigen Gelder zum Regieren zu beschaffen.
Laut dem Zentralbankchef von Afghanistan im Exil haben die Taliban nämlich keinen Zugriff auf die Devisenreserven des Landes. Über die insgesamt neun Milliarden Dollar wacht grösstenteils die US-Notenbank Fed. Zudem haben mehrere Ländern nach der Machtübernahme der Islamisten angekündigt, die dringend nötigen Hilfsgelder einzufrieren.
Die Entwicklungshilfe in Afghanistanlag machte laut der Weltbank etwa im Jahr 2020 fast 43 Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) aus. Wie die Expertin Vanda Felbab-Brown von der US-Denkfabrik Brookings Institution in einem Bericht des «Spiegels» erklärt, betrage die Höhe der bisherigen Hilfszahlungen mindestens das Zehnfache dessen, was die Taliban in dem Land einnehme.
Die derzeitigen Einnahmen der Taliban belaufen sich laut einem im Mai 2020 vom Uno-Sicherheitsrat veröffentlichten Bericht demnach auf schätzungsweise 300 Millionen bis 1,5 Milliarden Dollar pro Jahr.
Drogen und Steuern als wichtige «Wirtschaftszweige»
Wie beschaffen sich die Islamisten also das nötige Geld zum Regieren? Einen grossen Teil ihrer Einkünfte beziehen die Taliban aus kriminellen Aktivitäten. So sorgen etwa die Erpressung lokaler Unternehmen sowie Lösegeldforderungen nach Entführungen für einige Einnahmen.
Als wichtige «Industrie» gilt ausserdem der Anbau von Schlafmohn. Aus diesem wird Opium und Heroin gewonnen, Hunderttausende Arbeitsplätze hängen daran, heisst es in dem Bericht. Experten gehen davon aus, dass weltweit mit einer Ausweitung des Angebots von Heroin und Crystal Meth zu rechnen ist.
Ein Taliban-Sprecher widersprach diesen Einschätzungen am Dienstag jedoch: «Afghanistan wird nicht länger ein Land sein, in dem Opium angebaut wird.» Dass die Produktion wie angekündigt «auf null reduziert» werden soll, wird von Experten aber bezweifelt.
Ein weiterer grosser Teil der Einnahmen der Taliban stammen laut dem Experten der US-Denkfabrik Council on Foreign Relations, Charles Kupchan, «auch aus der Steuererhebung». Die Islamisten seien wahre Meister darin, so gut wie alles zu besteuern, so Kupchan gegenüber dem «Spiegel».