Ukraine Krieg: Russen stehen immer weniger hinter Putin
Zwei Wochen im Ukraine-Krieg: Die Moral der Soldaten an der Grenze wird schlechter, es herrschen eisige Temperaturen. Russen stehen weniger hinter dem Krieg.
Das Wichtigste in Kürze
- Der russisch-ukrainische Krieg dauert mittlerweile seit knapp zwei Wochen an.
- Diverse Sanktionen gegen Russland machen dem Volk das Leben schwer.
- Eine Umfrage zeigt die schwindende Zustimmung für Putin. Eine Expertin ordnet ein.
Der Ukraine-Krieg ist schon jetzt, knapp zwei Wochen nach dessen Beginn, zermürbend: Nicht nur die Soldaten kommen ans Ende ihrer Kräfte, auch das russische Volk leidet zusehends.
Die wirtschaftlichen Sanktionen sorgen für massive Preissteigerungen, die Kaufkraft der Russen nimmt ab, Güter werden knapp. Immer mehr international tätige Firmen verlassen das Land.
Selbst Putins Anhänger und Beamte im Kreml sind gegen den Krieg. Viele Parlamentsmitglieder seien entmutigt und verängstigt, berichtete eine geflüchtete russische Journalistin.
Zustimmung für Ukraine-Krieg war zunächst vorhanden
Kurz vor dem Ukraine-Krieg gab es eine Erhebung zur ökonomischen Lage in Russland. Laut der Studie glaubten 30 Prozent der Befragten, dass es zu Unruhen wegen der wirtschaftlichen Situation kommen könnte.
Das sei wohl heute nicht mehr so, aber: «Man kann davon ausgehen, dass die Unterstützung für Putin trotz allem relativ hoch ist. Ich schätze, dass zwischen 50 und 60 Prozent der Bevölkerung hinter seinem Kurs stehen.» Das sagt der Politologe Felix Riefer zum WDR.
Dies nicht, weil sie seine Politik besonders gut finden würden. Sondern, weil sie propagandistisch in diese Richtung erzogen worden seien.
Krieg werde in Russland zwar generell sehr negativ wahrgenommen, so Riefer. Das, was in der Ukraine passiere, sei aber laut Behörden kein Krieg, sondern eine Spezialoperation.
Nawalny-Umfrage zeigt sinkende Kriegsüberzeugung
Das Team von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny hat auf seinem Twitter-Profil eine Umfrage verbreitet, die zeigen soll, dass die Kriegszustimmung abnimmt. Für die Umfrage sind 700 Russen kontaktiert worden.
Gemäss den Ergebnissen, die Nawalny auf Twitter teilt, habe sich der Anteil der Russen, die Russland als Aggressor betrachten, verdoppelt. Der Anteil derer, die Russland als «Friedensstifter» betrachten, habe sich halbiert.
Zudem habe sich die Zahl der Befragten, die die Ukraine für schuldig halten, halbiert. Der Anteil derjenigen hingegen, die Russland beschuldigen, sei von 14 auf 36 Prozent gestiegen. Schliesslich befürworte die Mehrheit der Befragten Verhandlungen.
Expertin: «Viele machen sich eigenes Bild vom Ukraine Krieg»
Julia Richers, Professorin für Osteuropäische Geschichte an der Universität Bern, mahnt vor einer vorschnellen Überinterpretierung: «Die von Nawalny publizierten Umfragedaten beziehen sich auf eine viermal durchgeführte Umfrage von rund 700 Personen. Dies ist selbstverständlich nicht repräsentativ!»
Trotzdem sollte man die Ergebnisse «sehr ernst nehmen», so Richers. «Sie zeigen, dass sich trotz massiver Medieneinschränkung viele Menschen in Moskau mittlerweile ein eigenes Bild vom Konflikt machen.»
So würden auch Menschen ausserhalb Moskaus mittlerweile sehen, dass die zivile Bevölkerung in der Ukraine unter Beschuss stehe. Sie würden sehen, dass «Putins Darstellung eines gezielten, ‹sauberen› Krieges auf eine vermeintlich faschistische Kiewer Regierung nicht haltbar ist».