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Was bedeutet die erneute Gewalt im Sudan?

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Sudan,

Seit Samstag versinkt der Sudan in Gewalt. Machthaber al-Burhan und sein Vize Daglo haben das nordostafrikanische Land erneut ins Chaos gestürzt. Wie konnte es soweit kommen und was passiert jetzt?

Sein Land versinkt derzeit in Chaos: der sudanesische Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan. Archivbild
Sein Land versinkt derzeit in Chaos: der sudanesische Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan. Archivbild - Marwan Ali/AP/dpa

Nach wochenlangen Spannungen zwischen Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan und seinem Stellvertreter Mohammed Hamdan Daglo ist es im Sudan zu schweren Gefechten gekommen.

Seit Samstag droht das nordostafrikanische Land angesichts der Kämpfe zwischen den Streitkräften und einer einflussreichen paramilitärischen Truppe im Chaos zu versinken. Wer ist an den Kämpfen im Sudan beteiligt und wieso?

Warum kommt es zu Kämpfen?

Im Sudan stehen sich zwei grosse Militärapparate gegenüber. Die sudanesischen Streitkräfte unter Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan und die paramilitärischen Rapid Support Forces unter Führung seines Stellvertreters Mohammed Hamdan Daglo. Seit Wochen kam es wegen der geplanten Integration der RSF in die sudanesische Armee zu Spannungen zwischen den beiden Militärführern. Es ist wohl die Frage, wer künftig das Oberkommando über die Truppen erhalten würde, die schliesslich zu der gewaltsamen Eskalation geführt hat.

Wer kontrolliert aktuell das Land?

Die Lage war am zweiten Tag nach Beginn der Gefechte unübersichtlich. Sowohl die Armee als auch die RSF berichteten von einzelnen eingenommenen Militärstützpunkten. Unabhängig überprüfen liessen sich diese Behauptungen zunächst nicht. Die Armee hat seit dem Sturz des Langzeitmachthabers Omar al-Baschir 2019 faktisch die Kontrolle über das nordostafrikanische Land mit rund 46 Millionen Einwohnern. Bislang arbeitete diese eng mit den RSF zusammen.

Wer sind die RSF?

Die RSF schlossen sich 2013 aus einem Konglomerat ehemaliger Milizen im westlichen Bundesstaat Darfur zusammen. In der Region kommt es seit Jahrzehnten zu Auseinandersetzungen zwischen der arabisch dominierten Regierung und der afrikanischen ethnischen Minderheit. Die RSF unterstützten dort zunächst die Regierung und taten sich als besonders brutale Einheit hervor.

Human Rights Watch zufolge soll die Gruppe und ihr Anführer Daglo für Menschenrechtsverletzungen wie Massenvergewaltigungen verantwortlich sein. Jahrelang arbeiteten die RSF mit dem Militär zusammen. Die Miliz soll Schätzungen zufolge Zehntausende Kämpfer haben, die Streitkräfte können aber mit mehr schweren Waffen und ihrer Luftwaffe punkten.

Wie war die Lage bis zur Eskalation der Gewalt?

Unter Langzeitmachthaber Omar al-Baschir war der Sudan zuletzt in eine verheerende Wirtschaftskrise geraten. Preise für Lebensmittel und Benzin stiegen dramatisch an. Nach Massenprotesten der Bevölkerung musste al-Baschir 2019 nach einem Militärputsch sein Amt aufgeben. Eigentlich sollte eine zweijährige Übergangsphase zu demokratischen Wahlen folgen. Eine zwischenzeitlich vom Militär eingesetzte und kontrollierte Zivilregierung unter der Leitung von Premierminister Abdalla Hamdok konnte das Land allerdings nicht stabilisieren.

Al-Burhan setzte diese 2021 erneut ab. In diesem April hätte die Militärregierung erneut Kompetenzen an zivile Politiker abtreten sollen. Eine Voraussetzung war aber: Die RSF-Truppen hätten in die sudanesische Armee eingegliedert werden müssen. Der Streit hatte den Demokratisierungsprozess erneut verzögert.

Welche ausländischen Mächte haben Einfluss?

Beide Militärführer können sich auf regionale Verbündete verlassen. Laut Rashid Abdi, Sudan-Experte des Think Tanks Shahan, der sich auf das Horn von Afrika spezialisiert hat, unterstützen Äthiopien und Eritrea Daglo, Ägypten hingegen al-Burhan. Hintergrund ist ein Streit um ein Staudammprojekt am Nil in Äthiopien. Ägypten versucht dieses gemeinsam mit dem Sudan zu verhindern. Das wohlhabende Saudi-Arabien wiederum sieht sich als Vermittler.

Soldaten und Kämpfer der RSF unterstützen zudem das von Saudi-Arabien geführte Militärbündnis im Krieg gegen die Huthi-Rebellen im Jemen. International rückte der Sudan zuletzt nach einem Besuch des russischen Aussenministers Sergej Lawrow in den Fokus. Die Russen planen einen Marinestützpunkt an der sudanesischen Küste am Roten Meer. Das führte zuletzt zu Spannungen mit den USA, die Sorge um ihren Einfluss in der Region haben.

Spielt Ex-Machthaber Al-Baschir in dem Konflikt eine Rolle?

Der Sudan wurde fast 30 Jahre lang von Omar al-Baschir diktatorisch regiert. Obwohl das Militär den Langzeitmachthaber 2019 endgültig entmachtete, gingen dem Sturz al-Baschirs demokratische Massenproteste der Bevölkerung voraus. Im Anschluss wurde der 79-Jährige von einem sudanesischem Gericht wegen Korruption zu lediglich zwei Jahren Haft verurteilt. Zudem muss sich al-Baschir vor Gericht wegen seines Putsches aus dem Jahr 1989 verantworten. Im schlimmsten Fall droht ihm die Todesstrafe.

Gleichzeitig gibt es in der Bevölkerung noch Anhänger des alten Machthabers. Vor allem islamistische Gruppen betrachten den Demokratisierungsprozess als vom Westen aufgezwungen. Zuletzt kam es bei einer Versammlung, an der laut Berichten auch al-Bashir-Anghänger teilnahmen, zu Morddrohungen gegen den UN-Sonderbeauftragen Volker Perthes.

Wie geht es im Land jetzt weiter?

Aktuell zeichnet sich noch nicht ab, welche der beiden Fraktionen die Oberhand im Sudan gewinnen wird. «Dies war immer das Albtraum-Szenario», sagt Alan Boswell, Sudan-Experte beim Thinktank International Crisis Group. Ein langer Kampf zwischen sudanesischem Militär und RSF könne den Sudan fragmentieren und die gesamte Region am Horn von Afrika destabilisieren.

Die internationale Gemeinschaft dringt daher auf ein schnelles Ende der Gewalt und Verhandlungen zwischen al-Burhan und Daglo. Das Konfliktpotenzial zwischen al-Burhan und Daglo sei allerdings lange blindlings ignoriert worden, meint Sudan-Experte Abdi. Ein Übergang zu einer zivilen und demokratisch gewählten Regierung scheint durch die Kämpfe in jedem Fall nochmals weiter in die Ferne gerückt zu sein.

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