Wladimir Putin: Droht ein Bürgerkrieg in Russland?
Laut einem Experten steht Russland vor dem «Übergang zum Bürgerkrieg». Wladimir Putin verliere an Autorität, seine Untertanen tragen Kämpfe aus.
Das Wichtigste in Kürze
- Experten vermuten, dass der Blogger-Anschlag aus dem Putin-Regime heraus verübt wurde.
- Der Kreml-Chef verliere zunehmend an Stärke und seine Untertanen würden selbst handeln.
- Historiker Jan Behrends sieht sogar den «Übergang zum Bürgerkrieg».
Bei einem Bombenanschlag in Sankt Petersburg starb am Sonntagnachmittag der bekannte russische Militärblogger Wladlen Tatarski. Weitere 32 Menschen wurden in dem Café verletzt. Die russischen Behörden machten Agenten einer Organisation des Kritikers von Wladimir Putin, Alexei Nawalny, für das Attentat verantwortlich. Unterstützung sollen sie vom ukrainischen Geheimdienst erhalten haben.
Am Montag wurde eine 26-jährige Friedensaktivistin festgenommen, die sofort vor laufenden Kameras ein Geständnis ablegte. Nawalnys Team bezeichnete die unbelegten Vorwürfe umgehend als dreiste Lüge. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB habe Tatarski selbst «beseitigt». Ein führender Mitarbeiter meinte: «Die Agenten vergiften und töten sich gegenseitig, teilen ihre Reviere auf».
Auch Experten glauben, dass der Anschlag eher aus dem Regime um Wladimir Putin heraus verübt wurde. Gegenüber «Bild» meint etwa Sarah Hurst, Herausgeberin des Newsletters «The Russia Report»: «Wie im Fall der Dugina-Ermordung ist es möglich, dass der FSB all dies für seine eigenen Zwecke inszeniert hat.»
Laut Sarah Hurst ging es bei dem Attentat entweder darum jemanden zu beseitigen, der unbequem geworden war. Oder aber um die Botschaft zu senden, dass alle Russen in Gefahr sind, «oder beides», so Hurst.
Experten äussern düstere Prognosen für Wladimir Putin
Historiker Jan Behrends von der Europauniversität Viadrina in Frankfurt äussert eine düstere Prognose für das Land von Wladimir Putin. Russland sei zwar «stets ein gefährliches Pflaster» gewesen, doch jetzt habe sich die Situation nochmals verschärft.
«Zur Kriminalität kommen nun die harten Repressionen und der Übergang zum Bürgerkrieg. Es operieren viele bewaffnete Kräfte, es tobt bereits ein unterirdischer Kampf um die Macht. Repression und Gewalt werden Alltag.»
Euan MacDonald sieht den Bombenanschlag als «Hinweis darauf, wie stark Putins Autorität» durch den Krieg geschwächt wurde. Putin sei «ein Diktator, aber auch so etwas wie ein Mafiaboss», sagt der in Kiew lebende britische Journalist. Der Kreml-Chef agiere als eine Art «Schiedsrichter», wenn seine Gangster-Bosse Probleme miteinander hätten.
«Das funktioniert gut, solange der Anführer stark ist. Aber wenn er geschwächt ist, fühlen sich die Leute sicherer selbst zu handeln.» MacDonalds glaubt, dass man noch mehr offene Gewalt erleben werde, wenn der Krieg weiterhin schlecht für Putin verlaufe.
«Die verschiedenen konkurrierenden Fraktionen unter ihm ringen um Positionen für den Tag, an dem der Diktator nicht mehr da ist. Sie wissen, dass er sich dem Ende seiner Macht nähert. Und wenn, sagen wir, Russland die Kontrolle über die Krim verlieren würde, wäre er erledigt.“