5-Franken-Gebühr wird Touri-Flut in Venedig nicht aufhalten
Tagestouristen in Venedig könnten in Zukunft mit einer 5-Euro-Gebühr konfrontiert werden. Das schrecke die Besuchenden aber kaum ab, glauben Experten.
Das Wichtigste in Kürze
- Venedig will die (zu) vielen Touristen mit einer 5-Euro-Gebühr bekämpfen.
- Experten rechnen vorerst nicht mit einem Besucherrückgang.
- Die Strahlkraft der Stadt sei zu hoch, die Gebühr zudem zu tief.
Venedig sagt dem Besucheransturm den Kampf an. Tagesbesucher müssen 2024 an bestimmten Tagen eine Gebühr in Höhe von fünf Euro für das Betreten der weltberühmten Lagunenstadt bezahlen.
Das System wird nächstes Jahr in einem ersten Schritt während 30 Tagen getestet, danach ausgeweitet.
Doch wie wirkungsvoll wird die Gebühr sein? Schreckt sie Touristen, die Venedig nur für ein paar Stunden besuchen wollen, wirklich ab?
Tourismus-Experte Jürg Stettler von der Hochschule Luzern winkt ab: «In Bezug auf die 30 Tage wird die 5-Euro-Gebühr kaum zu einem grösseren Rückgang der Nachfrage führen.»
Die Gebühr ermögliche aber ein schrittweises Ausbauen «in Bezug auf die Höhe und zeitliche Differenzierung. Um dann eine Lenkungswirkung zu erzielen». Eine Ausweitung, auch in Sachen Tage pro Jahr, sei abhängig von den Erfahrungen geplant.
Kein Besucherrückgang erwartet
Ähnlich sieht man das beim Reiseunternehmen Hotelplan. «Wir gehen nicht davon aus, dass sich die 5-Euro-Gebühr negativ auf das Buchungsverhalten unserer Kunden auswirken wird.» Die meisten würden ihre Venedig-Reisen mit mindestens einer Übernachtung buchen und seien dadurch ohnehin nicht betroffen.
Auch bei railtour, Städte-Reisen-Experten bei DER Touristik Schweiz, erwartet man keinen grossen Rückgang der Besucherzahlen. Nur besonders preissensible Tagestouristen würden die Stadt vielleicht meiden.
Aber: «Ob eine Gebühr von fünf Euro einen grossen Impact haben wird, wagen wir zu bezweifeln. Dafür ist der Betrag wohl zu tief und die Strahlkraft von Venedig zu hoch.»
Venedig machts vor – wer zieht nach?
Und inwiefern beeinflusst die 5-Euro-Massnahme in Venedig andere viel besuchte Destinationen?
«Ich gehe davon aus, dass immer mehr Städte, die unter zu vielen Touristen leiden, versuchen werden, die Nachfrage über Zutrittsbeschränkungen und Gebühren zu steuern», meint Experte Stettler.
Aufgrund der örtlichen Voraussetzungen sei die Einführung einer Eintrittsgebühr für die meisten Städte aber schwierig.
«Wir wissen, dass auch andere Orte über solche Gebühren nachdenken», heisst es von railtour auf Anfrage. Zudem seien an vielen «Overtourism»-Orten bereits Bestrebungen im Gange, um die Besuchermassen einzuschränken.
Venedig hat im Kern weniger als 50'000 ständige Einwohner. Während der Saison kommen an einigen Tagen über 100'000 Touristen in die Lagunenstadt.
Die Weltkulturorganisation Unesco entscheidet bald, ob Venedig auch wegen des Massentourismus als «bedrohtes Weltkulturerbe» gelistet werden soll.